Kriminalitätsentwicklung in Deutschland Einbruchszahlen so hoch wie nie - Politik rüstet gegen Banden

Berlin · Alle drei Minuten starten Kriminelle in Deutschland einen Wohnungseinbruch. Den erneuten Anstieg auf 149.500 Taten im vergangenen Jahr nennt Bundesinnenminister Thomas de Maizière "besorgniserregend", und weil es sich nach den Worten von NRW-Innenminister Ralf Jäger immer mehr um "Täter neuen Typs" handelt, wollen die Verantwortlichen nun auch neue Wege gehen.

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Foto: dpa

Sie schlagen immer häufiger tagsüber zu, wenn die Wohnungsbesitzer und ihre Nachbarn bei der Arbeit sind. Sie sind schnell und arbeiten hochprofessionell. Sie interessieren sich nicht für riesiges Diebesgut sondern bevorzugen Bargeld und kleine, teure Elektronik.

Marodierende Einbrecherbanden vorwiegend aus Südosteuropa agieren entlang der Autobahnen, sind lieber in städtischer Anonymität als ländlicher Beobachtung aktiv und morgens in Norddeutschland, abends in Süddeutschland, gestern in Belgien und morgen in Polen unterwegs. Den örtlichen Kripo-Beamten fällt die Täterermittlung entsprechend schwer. Sie dürfen nicht einmal mehr darauf hoffen, dass das Diebesgut beim Hehler um die Ecke wieder auftaucht und sie so einen Ansatzpunkt finden. Das wird so schnell wie möglich viele hundert wenn nicht Tausende Kilometer entfernt im Ausland versilbert. Und von den gut vernetzten Tätern fehlt auch jede Spur.

Bundesweiter Kampf gegen Einbrecher

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Foto: dpa, Robert Schlesinger

Wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein NRW-Amtskollege und Chef der Innenministerkonferenz, Ralf Jäger (SPD), bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik unterstrichen, wird der Kampf gegen die grassierende Einbruchskriminalität einen besonderen Schwerpunkt ihrer Anstrengungen in den nächsten Jahren bilden. NRW testet bereits ein Pilotprojekt, auch die Verkehrspolizei verstärkt mit einzubinden und so etwa bei Verkehrskontrollen den mobilen Einbruchsbanden buchstäblich in die Quere zu kommen und ihre Reisewege aufzuspüren. De Maizière beschwört vor allem einen deutlich ausgeweiteten Informationsaustausch. Aktuelle Tatmuster und Täterprofile müssten überall verfügbar sein. Es gehe darum, die lokal und regional zu leistende Aufklärung letztlich auch mit einer internationalen Zusammenarbeit zu vernetzen. Mit dem forcierten Kampf gegen die Einbrecherbanden wollen die Politiker vor allem dem verbreiteten Gefühl der bleibenden Verunsicherung vieler betroffener Bürger Rechnung tragen.

Einbruchsrate so hoch wie nie

Der materielle Schaden sei oft gar nicht einmal so schwerwiegend. Vieles werde von Hausratversicherungen getragen, die im vergangenen Jahr einen neuen Rekord von 480 Millionen Euro Schadenersatz leisteten. Die emotionalen Folgen eines Eindringens in den ganz privaten Raum empfinden nach den Worten Jägers viele Opfer als "traumatisch".

149.500 Einbrüche im vergangenen Jahr — das bedeutet, dass der bisherige Spitzenwert von vor 15 Jahren eingestellt wurde. Seit 1999 hatte die Zahl der Einbrüche zunächst kontinuierlich auf 108.000 ab-, dann aber wieder rasant zugenommen. Einziger Lichtblick für die Ermittler ist die Zahl der darin enthaltenen Einbruchsversuche. Deren Anteil ist nämlich genau so kontinuierlich von 32,7 auf zuletzt 40,2 Prozent gestiegen. Dass immer mehr Einbrecher von ihrem Vorhaben wieder ablassen, spricht für eine erfolgreiche Prävention, auf ein gewachsenes Bewusstsein für vorbeugenden Einbruchsschutz. Freilich ist auf der anderen Seite auch die Aufklärungsquote von 18,3 auf 15,5 Prozent gesunken: Die meisten Täter können also darauf setzen, unerkannt und unbelangt zu bleiben.

Die NRW-Kriminalstatistik 2013
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Die NRW-Kriminalstatistik 2013

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Foto: shutterstock/Robert Hoetink

De Maizière will sich aber auch das Beispiel anderer Länder zum Vorbild nehmen, die vermehrt gegen die Drahtzieher der Einbrecherbanden vorgehen, also gegen diejenigen, die letztlich damit das große Geld machen. Da will de Maizière ansetzen und die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung verschärfen. Innen- und Justizministerium wollen überprüfen, wie sie die für die Staatsanwaltschaften bislang eher schwierige Beweislast vereinfachen können.

Zahl der Straftaten in Deutschland konstant

Die Gesamtzahl der Straftaten in Deutschland ist auf hohem Niveau nahezu konstant geblieben. Die Polizei registrierte 5,961 Millionen Straftaten nach 5,997 Millionen im Jahr zuvor. Die Aufklärungsquote war mit 54,5 Prozent ebenfalls nahezu unverändert.

Als positiven Trend verzeichnete de Maizière den Rückgang der Gewaltkriminalität um 5,3 Prozent auf 184.847 Fälle. Einen Anstieg gab es bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung um 2,1 Prozent auf 46.793 Fälle; der Missbrauch von Kindern sank um 1,5 Prozent auf 12.437 Fälle.

Alarmierend ist für die Sicherheitsbehörden der ungebremste Anstieg der Computersabotage. Nach einer rasanten Steigerung im Jahr 2012 kletterte die Zahl der Fälle erneut um 17,6 Prozent auf 12.766. Zugleich sank der Anteil der geklärten Taten sogar auf 9,2 Prozent. Nicht zuletzt wegen fehlender und unterschiedlicher Regelungen der Vorratsdatenspeicherung könnten Täter ihre digitalen Spuren erfolgreich verwischen, kritisierte de Maizière. Regeln zu Mindestspeicherfristen blieben deshalb auf der Tagesordnung. Jäger warnte davor, das Thema zu überhöhen.

Hauptstadt der Kriminalität ist Frankfurt; hier wurden 112.049 Straftaten verzeichnet. Das sind 16.292 je 100.000 Einwohner. Auf den Plätzen zwei, drei und vier folgen Köln mit einer Häufigkeitszahl von 15.009, Berlin (14.908) und Düsseldorf (14.757). Aachen (12.795), Duisburg (10.692) und Krefeld (10.007) liegen im Mittelfeld, und in Mönchengladbach (8.827) lebt es sich schon deutlich sicherer. Den besten Wert unter allen Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern nimmt München mit nur 7.395 Straftaten je 100.000 Einwohner ein.

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