Internet-Überwachung in Deutschland Empörung über Spionage-Pläne des BND

Angeblich hat der BND ein 100-Millionen-Programm zur engmaschigen Überwachung des Internets aufgelegt. FDP und Linksüpartei üben in seltener Allianz scharfe Kritik. Damit kann sich Merkel jedes kritische Wort gegenüber Obama sparen, heißt es.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) will einem Medienbericht zufolge die Überwachung des Internets massiv ausweiten. Kurz vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Berlin, bei dem die Bundesregierung Aufklärung über das Spähprogramm des US-Geheimdienstes NSA einfordern will, berichtete der "Spiegel" von einem neuen Projekt des BND. Mit 100 Millionen Euro solle in den kommenden fünf Jahren die Abteilung "Technische Aufklärung" personell und technisch ausgebaut werden. "Natürlich müssen auch unsere Nachrichtendienste im Internet präsent sein", sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich dem "Spiegel". Zudem nahm der Minister die USA im Streit um deren Spähprogramm in Schutz.

Auch die Justizministerin zweifelt

Dem "Spiegel" zufolge kündigte BND-Präsident Gerhard Schindler im vergangenen Jahr vor dem Vertrauensgremium des Bundestages das Projekt mit dem Namen "Technikaufwuchsprogramm" an. Mit den geplanten 100 Millionen Euro sollen demnach bis zu 100 neue Stellen geschaffen und neue Rechnerkapazitäten geschaffen werden. Der Staat müsse dafür sorgen, "dass wir Kontrollverluste über die Kommunikation von Kriminellen durch neue rechtliche und technologische Mittel ausgleichen", sagte Friedrich.

Scharfe Kritik an den Plänen äußerten der Koalitionspartner FDP sowie die Linkspartei. "Für mich ist so ein Vorhaben schwer nachvollziehbar", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger der Zeitung "Die Welt" (Montagausgabe). "Ich will wissen, ob da mit neuem technischen Aufwand in einer anderen rechtlichen Dimension gearbeitet werden soll", sagte die FDP-Ministern. Die Antwort auf die besorgten Fragen der Bürger zum US-Spähprogramm könne nicht sein, "einfach die Überwachung durch die Deutschen machen zu lassen". Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz erklärte, das Internet dürfe nicht zum "Wilden Westen der Informationsgesellschaft" werden.
Der innenpolitische Sprecher der Links-Fraktion, Jan Korte, sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel könne sich jedes Wort an Obama zum Prism-Spähprogramm sparen, wenn gleichzeitig der BND in dieselbe Richtung marschieren wolle.

Friedrich verteidigt Geheimdienste

Friedrich nahm die US-Geheimdienste gegen Kritik in Schutz. "Jeder, der wirklich Verantwortung für die Sicherheit für die Bürger in Deutschland und Europa hat, weiß, dass es die US-Geheimdienste sind, die uns immer wieder wichtige und richtige Hinweise gegeben haben", sagte der CSU-Politiker der Zeitung "Welt am Sonntag". Diese hätten dadurch geholfen, mehrere Anschläge bereits in der Vorbereitungsphase zu verhindern und Menschenleben zu retten. Auch habe er keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sich die USA an Recht und Gesetz hielten.

Die US-Regierung ist im In- und Ausland in die Kritik geraten, nachdem bekanntwurde, dass die Sicherheitsbehörden im Rahmen eines Terrorabwehr-Programms mit dem Namen Prism weltweit direkt auf unzählige Nutzerdaten von Internet-Konzernen wie Google und Facebook zugreifen.

Die Branche hat der Bundesregierung nach deren Angaben bislang keine Auskunft darüber gegeben, ob auch Nutzer in Deutschland von den US-Geheimdiensten ausgespäht wurden. Er habe keine Hinweise darauf, "dass irgendjemand in Deutschland an Aktionen beteiligt ist, die nicht rechtmäßig wären", sagte Friedrich. In Europa sei die Rechtslage klar: "Inhalte von E-Mails, SMS oder Telefonaten dürfen vom Staat nicht pauschal gespeichert werden."

(REU/pst)
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