Niedersachsens Ex-Ministerpräsident ist tot Ernst Albrechts Welt wurde am Ende immer kleiner

Burgdorf · Bekannt war er für sein strahlendes Lächeln: 14 Jahre lang war Ernst Albrecht Ministerpräsident in Niedersachsen. In seinen letzten Jahren litt er an Demenz, lebte aber aufgehoben im Kreis der Familie seiner Tochter Ursula von der Leyen.

Ernst Albrecht – Niedersachse, CDU-Politiker, Ministerpräsident a.D.
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Am Ende wurde seine Welt da draußen auf dem Gut in Beinhorn bei Hannover sehr klein. Immer kleiner, von Tag zu Tag ein Stückchen mehr. Betreuung rund um die Uhr war notwendig, berichtete seine Tochter schon 2012. Ernst Albrechts letzte Lebensdekade war geprägt von seiner Krankheit. Der frühere CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen, bekannt für sein breit strahlendes Lächeln, litt seit 2003 an Alzheimer und fortschreitendem Gedächtnisverlust.

Seine Tochter, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), zog deswegen 2007 mit ihrer Familie zurück in ihr Elternhaus zu ihrem Vater. Sie ging sehr offen mit seiner Krankheit um. "Sie müssen lernen, mit den Skurrilitäten zu leben. Wenn er sich wohlfühlt, fängt er an zu singen - auch im Restaurant", berichtete von der Leyen.

Bis vor einigen Jahren zeigte sich Albrecht noch ab und zu in der Öffentlichkeit, etwa bei Parteitagen und Festen. Zu seinem 80. Geburtstag im Sommer 2010 gab der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff ihm zu Ehren einen Empfang im Gästehaus der Landesregierung in Hannover. Damals sagte Albrecht: "Ich bin nur erfüllt von Dankbarkeit. Ich bin dankbar für mein ganzes Leben." Er hatte mehr als 30 Enkelkinder.

An der Spitze des Landes Niedersachsen stand der Christdemokrat von 1976 an insgesamt 14 Jahre lang. Am 13. Mai 1990, kurz vor seinem 60. Geburtstag, erlitt Albrecht seine erste Niederlage bei einer Landtagswahl. Er musste seinen Ministerpräsidenten-Sessel räumen, für SPD-Mann Gerhard Schröder.

Bevor Albrecht zur Politik kam, war der Sohn einer Heidelberger Arztfamilie nach dem Diplom als Volkswirt bei der EU in Brüssel als Generaldirektor beschäftigt. 1971 wechselte er in die Chefetage des hannoverschen Bahlsen-Konzerns.

Schützenhilfe von der SPD

Anfang 1976, mitten in der Wahlperiode, wurde er überraschend mit Hilfe von Überläufern aus dem SPD-Regierungslager zum ersten CDU-Ministerpräsidenten in Niedersachsen gewählt. Ende der 70er Jahre konkurrierte er zeitweise mit Franz-Josef Strauß um die Unions-Kanzlerkandidatur für 1980. Und er wurde gefeiert für seinen Einsatz für die "Boat People" aus Vietnam. Im Winter 1978 war er einer der ersten, die den verzweifelten Flüchtlingen Hilfe anboten und sie nach Deutschland holten.

Albrecht stand im Lauf seiner Amtszeit etliche schwierige Situationen durch, etwa die Auseinandersetzungen um die Erkundung des Salzstocks in Gorleben als mögliches Endlager für Atommüll. Auch die Affäre um das sogenannte "Celler Loch" machte bundesweit Schlagzeilen: Der niedersächsische Verfassungsschutz sprengte 1978 ein Loch in die Außenmauer des Gefängnisses in Celle und täuschte einen Anschlag vor, angeblich um einen Informanten in die RAF einzuschleusen.

Albrecht verteidigte die Aktion und steckte dafür viel Kritik ein. Schon damals habe er sich gern aus der Politik zurückziehen wollen, hieß es später - doch angesichts der Krise der CDU habe er seine Partei nicht im Stich lassen wollen.

In seinen letzten Jahren wurde es dann still um ihn, Albrecht war nicht mehr geschäftsfähig. Von der Leyen verhinderte im Sommer 2012, dass ihr Vater vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen musste. Der Naturliebhaber lebte in seiner eigenen Welt - Wulff sagte einmal über ihn, er kenne jede Pflanze und jeden Vogel in seinem Garten persönlich.

Am Samstag erfuhr seine Tochter bei einem Truppenbesuch in Afghanistan von seinem Tod.

(dpa)
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