Justizministerin will Internetseiten löschen EU heizt deutsche Debatte um Kinderpornografie an

Berlin (RPO). EU-Kommissarin Cecilia Malmström hat mit ihrer Forderung nach einer EU-weiten Blockade von Internetseiten mit Kinderpornografie den Streit um dieses Thema in Deutschland neu entfacht. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte am Dienstag, sie wolle die EU-Staaten davon überzeugen, entsprechende Internetseiten zu löschen.

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Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kündigte im im "Hamburger Abendblatt" an, sie werde in den anstehenden Beratungen den Grundsatz "Löschen statt sperren" vertreten und für eine breite Unterstützung im Rat und im Europäischen Parlament werben. Internetsperren seien kein wirksames Mittel im Kampf gegen Kinderpornografie, führten aber gleichzeitig zu einem "großen Vertrauensschaden" bei den Internetnutzern. Sie habe Malmström vor Kurzem bereits deutlich gemacht, dass man sich in der Bundesregierung auf den Grundsatz "Löschen statt sperren" verständigt habe.

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Silvana Koch-Mehrin (FDP), lehnt eine EU-weite Blockade ebenfalls ab. Das Sperren von Websites sei kein gangbarer Weg, um Kinderpornografie zu verhindern, sagte Koch-Mehrin am Dienstag im Deutschlandfunk. Es gebe bessere Möglichkeiten, die auch die staatliche Zensur umgingen. In Schweden handle die Regierung mit Internet-Anbietern aus, dass sie bestimmte Websites identifizierten und den Zugang nicht ermöglichten.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Christian Ahrendt, sagte in der "Frankfurter Rundschau": "Internet-Sperren sind ineffektiv." Die Täter würden durch solche Sperren gewarnt, dass sie in den Fokus der Behörden geraten sind. Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Olaf Scholz urteilte in der Zeitung: "Internetsperren sind technisch wirkungsfrei und funktionieren nicht." Das habe sich bereits in Deutschland gezeigt. Er sei überzeugt, dass sich die Erkenntnis auch auf EU-Ebene durchsetzen werde. Der Internet-Experte der Grünen, Konstantin von Notz, sagte dem Blatt: "Täter können die Sperren innerhalb von Sekunden überwinden."

Bosbach für Sperren

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte dagegen der "Frankfurter Rundschau", durch Malmströms Vorschlag werde ein einheitlicher Standard geschaffen, um gegen das grenzüberschreitende Problem vorzugehen. Die Sperren könnten Nutzer warnen, dass sie sich beim nächsten Klick strafbar machen. Die Gefahr der Zensur sehe er nicht. "Was offline verboten ist, muss auch online untersagt sein", sagte Bosbach.

Unions-Bundestagsfraktionsvize Günter Krings (CDU) erklärte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Wir müssen aufpassen, dass wir im Kampf gegen Kinderpornografie international nicht ins Abseits geraten." Gefragt sei eine vernünftige Abwägung der Internetfreiheit gegen den Schutz von Kindern vor Missbrauch.

Die Deutsche Kinderhilfe forderte von der Bundesregierung ein neues Sperrgesetz gegen Internetseiten mit Kinderpornografie. Der Kinderhilfe-Vorsitzende Georg Ehrmann sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" , technisch moderne Netz-Blockaden seien ein wichtiges Mittel gegen Kinderpornografie. Für das ausgesetzte deutsche Sperrgesetz gelte das leider nicht.

Die Kinderhilfe beklagte eine dramatische Unterbesetzung bei Polizei und Staatsanwaltschaften im Kampf gegen Kinderpornografie. Bundesweit fehlten tausende Ermittler, weshalb Verfahren immer öfter liegen blieben. Hier müsse personell stark aufgerüstet werden. Außerdem arbeiteten die Behörden oft mit veralteter Technik.

(DDP/das)
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