Nach EuGH-Urteil Koalition lotet "kleine" Vorratsdatenspeicherung aus

Berlin · Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) bereiten einen deutschen Alleingang vor. Sie überlegen, wie eine Vorratsdatenspeicherung doch möglich wäre.

Vorratsdatenspeicherung: Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten zur Vorratsdatenspeicherung

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Foto: dapd, Thomas Kienzle

Unübersehbare Fliehkräfte hatte das Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen die Vorratsdatenspeicherung in der großen Koalition ausgelöst: Die Sicherheitspolitiker der Union wollten danach erst recht eine deutsche Lösung, die Rechtspolitiker der SPD die Angelegenheit dauerhaft aufs Eis legen. Unter dem Eindruck der Terror-Ereignisse von Paris, Kopenhagen und Bremen hat ein Umdenken eingesetzt: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) haben Gespräche aufgenommen, die in Koalitionskreisen als "sehr konstruktiv" und "zielorientiert" erlebt werden. Das generelle Nein der SPD zur Speicherung von Kommunikationsdaten ist schon vom Tisch. Selbst Parteichef Sigmar Gabriel sieht in der Vorratsdatenspeicherung ein unter Umständen "geeignetes Instrument", und auch die Union hat mit Abspecken begonnen. Beide Seiten haben in den öffentlichen Äußerungen erkennbar abgerüstet.

Die beiden Ressorts setzten sich inzwischen auch mit dem Europäischen Gerichtshof selbst in Verbindung. Dessen Urteil wird höchst unterschiedlich interpretiert. Die einen sehen die Möglichkeiten für eine Vorratsdatenspeicherung auf nahezu null zusammengeschrumpft, die anderen halten es für möglich, drei Monate generell die Verbindungsdaten vorzuhalten, damit die Sicherheitsbehörden darauf zurückgreifen können.

Dreh- und Angelpunkt ist die "anlasslose" Speicherung, die es so wie bisher nicht mehr geben darf. Die Minister lassen ihre Juristen gerade ausloten, was denn künftig akzeptable "Anlässe" sein könnten: zeitlich eingrenzbare Großereignisse mit Gefahrenpotenzial? Hinweise auf regional besonders auffällige Gefährdungslagen, wie unlängst in Bremen, als bevorstehende Anschläge befürchtet wurden? Oder von Islamisten bevorzugte Kommunikationskanäle, wenn konkreter Anlass zur Sorge besteht?

Klar ist bereits, dass herausgehobene Berufsgeheimnisträger wie Anwälte, Ärzte oder Priester aus der automatischen Speicherung herausgenommen werden sollen. Auch die Verbindungsdaten selbst werden noch einmal darauf überprüft, ob auf die eine oder andere Angabe auch verzichtet werden kann. Für Unions-Innenexperte Stephan Mayer steht eines jedoch fest: "Wir sollten uns nicht zuviel Zeit lassen - bis zur Sommerpause muss Klarheit herrschen."

(may-)
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