BW-Bank bestätigt erstmals Kredit Experte: Ermittlungen gegen Wulff "unausweichlich"

Stuttgart · Bundespräsident Christian Wulff muss nach Ansicht des Rechtsexperten Hans Herbert von Arnim "unausweichlich" mit Ermittlungen rechnen. Das Darlehen von Edith Geerkens wertet er als Geschenk - Niedersachsens Regierungsmitgliedern sind "Geschenke in Bezug auf ihr Amt" aber untersagt.

Chronologie: Die Affäre Wulff
Infos

Chronologie: Die Affäre Wulff

Infos
Foto: dapd, Michael Sohn

Der Staatsrechtsprofessor Hans Herbert von Arnim ist sich "ziemlich sicher", dass schon das Darlehen von Edith Geerkens an Wulff rechtlich problematisch war. Vermutlich habe der damalige Ministerpräsident gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen.

Der zinsgünstige Privatkredit entspreche einem geldwerten Vorteil von "mindestens 20.000 Euro", zitiert die "Welt am Sonntag" aus einem Fachaufsatz des Juristen. Diese Summe ist nach Einschätzung von Arnims als Geschenk zu werten. Niedersachsens Regierungsmitgliedern sind "Geschenke in Bezug auf ihr Amt" laut Ministergesetz untersagt.

Der Wert des Geschenks spreche dafür, dass in diesem Fall "eine Zuwendung in Bezug auf das Amt" vorliege, urteilt von Arnim. In der 18-seitigen Analyse kommt er laut dem Zeitungsbericht zu dem Ergebnis, dass die Annahme des Kredits zugleich auch einen strafrechtlichen Verstoß wegen Vorteilsnahme im Amt darstellt. Deswegen hält der Jurist staatsanwaltliche Ermittlungen für "unausweichlich".

BW-Bank nimmt erstmals Stellung

Am Freitag bestätigte die BW-Bank in einer Stellungnahme, in der sie erstmals Details zur Anbahnung des Geschäfts offenlegte, dass der Unternehmer Egon Geerkens Wulff das umstrittene Darlehen empfohlen hat. Der Bundespräsident hatte sich demnach im Herbst 2009 telefonisch bei der BW-Bank gemeldet. Dem sei ein Gespräch von Geerkens mit einem Kundenberater vorausgegangen. Bank-Aufsichtsrätin Roswitha Blind forderte derweil zur Aufklärung der Angelegenheit eine Sondersitzung des Gremiums.

Laut Bankangaben wurde der erste Darlehensvertrag mit Wulff am 21. März 2010 abgeschlossen. Der bisher kurzfristig refinanzierte Geldmarktkredit sei inzwischen in ein langfristiges Darlehen umgewandelt worden. Dazu sei Mitte Dezember ein Vertrag an Wulff versandt worden, den das Staatsoberhaupt am 21. Dezember unterschrieben zurückgeschickt habe. Es bestehe ein üblicher Tilgungsplan. Die Darlehensgewährung sei voll besichert.

Mit dem günstigen Kredit der BW-Bank hatte Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident das Privat-Darlehen der Unternehmer-Gattin Edith Geerkens in Höhe von 500.000 Euro abgelöst.

Blind kritisiert unübliche Konditionen

Die Zinsen für den Bankkredit sollen 0,9 bis 2,1 Prozent betragen haben und damit um die Hälfte niedriger als bei der Immobilienfinanzierung normaler Kunden gewesen sein. Die BW-Bank macht zu Konditionen und internen Kalkulationen weiterhin keine Angaben, obwohl das Ehepaar Wulff sie vom Bankgeheimnis befreit hat.

Allerdings bezweifelt Aufsichtsrätin Blind, dass Wulff übliche Zinsen zahlt. Die Bank dürfe Kredite nur zu üblichen Konditionen vergeben, "unabhängig von der Person oder Funktion", sagte sie der "Frankfurter Rundschau". "Dieses Kriterium ist nicht eingehalten worden." Wenn eine Bank bei allen Kunden so wenig Zinsen verlange wie bei Wulff, "wäre sie bald pleite".

Blind, die für die SPD im Stuttgarter Gemeinderat sitzt, verlangte eine außerplanmäßige Aufsichtsratsitzung im Januar. Die turnusmäßige Sitzung am 30. April sei "viel zu spät", sagte sie. "Es muss aufgeklärt werden, ob seitens der Bank-Mitarbeiter Untreue vorlag und ob alles mit rechten Dingen zuging."

Aufsichtsrat und Vorstand waren nach Angaben der Bank nicht in die Vergabe der Darlehens eingebunden. Nun würden die Aufsichtsgremien allerdings über umfassend informiert, hieß es.

Wulffs Kredit beschäftigt seit kurzem auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Ihren Angaben zufolge liegen zwei Anzeigen gegen Verantwortliche der BW-Bank vor, in denen es um mögliche Untreue im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an den Bundespräsidenten geht.

Vertrag erst am 21. Dezember unterschrieben

Wulff hat den jüngsten Darlehensvertrag mit der BW-Bank zur Finanzierung seines Privathauses erst unterschreiben können, als der umstrittene Privatkredit mit der Unternehmergattin Edith Geerkens öffentlich bekannt war. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" am Freitag vorab. Wulffs Anwalt Gernot Lehr sagte dem Blatt, der Zinssatz für das jüngste Darlehen sei am 25. November 2011 zwischen Wulff und der BW-Bank fixiert worden.

Die Bank habe den Darlehensvertrag am 12. Dezember unterschrieben und Wulff zugeschickt, schrieb die Zeitung. Zu diesem Zeitpunkt befand Wulff sich auf einer Reise am Persischen Golf. Er kehrte erst am Abend des 13. Dezembers zurück. An jenem Tag war öffentlich bekannt geworden, dass Wulff sein Haus mit Hilfe eines Privatkredits finanziert hatte.

Nach Angaben der Bank hat Wulff den Vertrag am 21. Dezember unterschrieben zurückgeschickt. Den Privatkredit hatte er schon 2010 mit einem ersten Darlehen bei der BW-Bank abgelöst.

(DAPD)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort