Atomlager Experten sehen Asse-Räumung skeptisch

Frankfurt/Main (RPO). Der Vorsitzende der Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, hat Zweifel an der Durchführbarkeit der Räumung des Atomlagers Asse geäußert. Unterdessen hat sich die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast dafür ausgesprochen, dass die Kosten der Räumung den Energiekonzernen auferlegt werden müssen.

Sailer sagte der "Frankfurter Rundschau", es sei bislang unklar, "wie lange eine Rückholung der Fässer aus dem Bergwerk tatsächlich dauern würde". Die vorliegenden Studien kalkulierten den Ablauf sehr optimistisch. Für die Bergung eines Fasses seien nur 4,8 Minuten vorgesehen. Stelle sich heraus, dass die Kalkulation unrealistisch sei, weil die Bergung viel aufwendiger wird, Menschen statt Maschinen eingesetzt werden müssten, oder bereits Salzlauge in den Kammern stehe, müsse man diese Option "vergessen".

Sailer begrüßte den Plan des Bundesamtes für Strahlenschutz, einige Atommüll-Kammern in der Asse zu öffnen und den Zustand der dort gelagerten, zum Teil über 40 Jahre alte Fässer zu untersuchen. Die Fässer könnten noch einigermaßen intakt sein, aber möglicherweise auch schon völlig verrottet, was eine Bergung sehr erschweren und eventuell unmöglich machen könne.

Auch der Präsident des Bundesamtes, Wolfram König, hat Zweifel, ob die Zeit für eine Räumung des Atomlagers Asse ausreicht. Es sei "leider nicht auszuschließen", dass das Bergwerk instabil wird, bevor die zehn Jahr vergangen sind, die für die Bergung der 126.000 Atomfässer veranschlagt sind. "Es kann dramatische Veränderungen im Berg geben", sagte König der Zeitung. Allerdings versuche das Amt, das auch Asse-Betreiber ist, die Stabilität zu verbessern: "Wir verfüllen bereits Kammern zusätzlich mit Spezialbeton und analysieren den Wasserzufluss, um ihn besser beherrschen zu können."

Umweltschützer: Bergung des Asse-Mülls muss sofort beginnen

Die Arbeiten zur Bergung des Atommülls aus dem Salzbergwerk Asse müssen nach Ansicht von Umweltschützern unverzüglich beginnen. Eine weitere Erkundung der Zustände in der Asse könne immer nur einen Ausschnitt der Realität unter Tage darstellen, erklärte der atomkraftkritische Asse-II-Koordinationskreis am Samstag in einer Mitteilung. Auch wenn aus 3000 Fässern Proben gezogen würden, sage das nichts über den Zustand der nachfolgenden Behälter aus.

Bei der Sanierung des maroden Atommülllagers Asse sind nach Ansicht von Grünen-Fraktionschefin Renate Künast die Energiekonzerne in der Pflicht. Sie seien es, die jahrelang von der "Billigentsorgung ihres Atommülls in der Asse profitiert" hätten, sagte Künast der "Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung".

Künast regte zudem eine Brennelementesteuer an. Diese würde "die steuerliche Sonderstellung der Atomkraft beenden und könnte für die Finanzierung der Asse-Sanierung herangezogen werden", sagte Künast.

"Neuanfang bei Endlager-Suche"

Die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, zeigt sich erleichtert über die Entscheidung, das Atommülllager Asse zu räumen. Die Mitbegründerin der Bürgerinitiative gegen das atomare Endlager Gorleben forderte zudem eine Neuausrichtung bei der Atommüllfrage: "Die Entscheidung für Gorleben ist von denselben Experten herbeigeführt worden, die uns den GAU in der Asse eingebrockt haben. Wir brauchen endlich einen richtigen Neuanfang bei der Suche nach einem geeigneten Endlager", sagte Harms der Internetausgabe der "Wirtschaftswoche".

Das Festhalten an Gorleben sei "so ignorant und uneinsichtig wie die jahrelange Beschönigung und Vertuschung zur Asse", kritisierte Harms. Wenn Sicherheit das aufrichtige Anliegen von Röttgen sei, müsse er Gorleben aufgeben. Harms kündigte an, Röttgen zu einem Besuch nach Gorleben einzuladen.

(DDP/felt)
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