Familienbericht der Bundesregierung wird Mitte März veröffentlicht Experten wollen Elternzeit kürzen

Berlin · Der Familienbericht der Bundesregierung, der Mitte März veröffentlicht wird, enthält aus Sicht der Verbände zahlreiche Provokationen. Die Regierungsberater schlagen vor, das Ehegattensplitting zu reformieren und beurteilen die Berufsfähigkeit von Müttern nicht durchweg positiv.

Was Väter über die Elternzeit denken
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In der Familienpolitik ging es bislang in erster Linie um die Verteilung von Geld. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) versucht nun, das Feld zu erweitern und widmet sich dem Thema Zeit. "Zeit für Familie" lautet die Überschrift für den Familienbericht, der am 14. März im Kabinett vorgestellt werden soll und unserer Zeitung vorliegt. Die Wissenschaftler haben genau ausgeleuchtet, wer in der Familie wie lange Erwerbsarbeit und Kindererziehung nachgeht. Am Ende kommen sie zu der nicht ganz neuen Schlussfolgerung, dass die Familien mehr "Zeitsouveränität" erlangen könnten, wenn es mehr Kinderbetreuungsangebote und mehr "Beschäftigungs- und Karrieremöglichkeiten unterhalb der Vollerwerbstätigkeit" gäbe.

"Die Interessen der Familien werden mit denen der Wirtschaft abgewogen"

Der Familienbund der Katholiken zeigte sich von dem Bericht enttäuscht. "Die Berichtskommission hatte leider eine stark ökonomisch gefärbte Brille auf. Die Interessen der Familien werden mit denen der Wirtschaft abgewogen und müssen oft dahinter zurückstecken", sagte Präsidentin Elisabeth Bußmann unserer Zeitung. "Das ist nicht das, was wir von einem familienpolitischen Gesamtkonzept erwartet haben." Der Familienbericht enthält aus Sicht der Familienverbände insbesondere bei den Themen Elternzeit und Ehegattensplitting provozierende Vorschläge.

Elternzeit Die Regierungsberater schlagen vor, die gesetzliche Elternzeit von drei auf zwei Jahre zu verkürzen. Die aktuelle Regelung bedeute "nicht selten eine große organisatorische und finanzielle Belastung für die Unternehmen", heißt es in dem Bericht. Zudem schlagen sie vor, dass nur im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes ein voller Ausstieg aus dem Job möglich sein soll. Im zweiten Jahr müssten die Mütter dann zumindest wieder in Teilzeit arbeiten. Das Familienministerium wies den Vorschlag zurück. Auch die FDP will an der Elternzeit nicht rütteln. "Die FDP hat es derzeit nicht auf der Agenda, etwas an der Elternzeit zu ändern", sagte die familienpolitische Sprecherin Miriam Gruß unserer Zeitung. "Vielmehr arbeiten wir weiter daran, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern."

Ehegattensplitting Die Regierung soll dem Familienbericht zufolge das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting reformieren. "Die jetzige Form des Ehegattensplittings begünstigt den Rückzug der Frauen in Familie", heißt es im Familienbericht. So könne dem Splitting ein traditionalisierender Effekt auf die Geschlechterrollen und das Geschlechterverhältnis in Deutschland unterstellt werden. Die steuerlichen Vorteile für Eheleute, die sich insbesondere dann ergeben, wenn einer gut verdient und der andere nicht erwerbstätig ist, gelten in der Union bislang als nicht antastbar. SPD und Grüne haben schon häufiger den Vorstoß unternommen, das Splitting abzuschaffen oder es zu kappen. Bei der FDP gibt es ein Modell, das Ehe-Splitting in ein Familien-Splitting zu verwandeln.

Kinderbetreuung Generell hat die Berufstätigkeit der Mutter einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Kinder, meinen die Wissenschaftler. Ein Wiedereinstieg innerhalb des ersten Jahres wirke sich allerdings negativ auf die Entwicklung aus, heißt es im Familienbericht. Von mütterlicher Berufstätigkeit profitierten vor allem Kinder von Alleinerziehenden und Familien mit niedrigem Einkommen. Bei Kindern aus der Mittel- und Oberschicht könne sich allerdings auch ein negativer Effekt ergeben, dadurch, dass dem Kind durch die außerfamiliäre Betreuung die Bildung und Erziehung durch seine gut gebildete und erziehungskompetente Mutter entgehe.

Mangel an Bildungsangeboten und Ganztagsplätzen

Den Familien fehlt es nach wie vor an Betreuungsangeboten, vor allem im Westen. Nicht nur Krippenplätze sind weiterhin Mangelware. Auch die Angebote für Schulkinder reichen nicht aus. Die Ganztagsschulen in Deutschland haben im Durchschnitt 25 Prozent mehr Anmeldungen als Plätze. Eltern klagen zudem, dass es an Überbrückungsmöglichkeiten während der Ferienzeiten fehle.

Pflege Was für die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung gilt, kommt in Zukunft auch beim Thema Beruf und Pflege auf die Gesellschaft zu. Die Regierungsberater fordern, dass sich auch Unternehmen der Herausforderung einer rasch steigenden Zahl an Pflegebedürftigen stellen, indem sie Tagespflege-Angebote in Betriebsnähe schaffen. Zudem müsse die Unterstützung pflegender Angehöriger noch stärker zum Gemeinwohl werden. Die professionelle Hilfe für Pflegebedürftige muss zudem erheblich ausgeweitet werden. Allein in den nächsten acht Jahren würden zwischen 28 und 57 Prozent mehr Pflegekräfte gebraucht als heute. Bis 2030 müssten zusätzlich zwischen 230 000 und 440 000 stationäre Pflegeplätze geschaffen werden.

(RP/jh-/top)
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