Anschlag von Berlin Fall Amri verschärft Debatte um Sicherheitsgesetze

Berlin · Der Fall Anis Amri befeuert die Debatte, ob die deutschen Sicherheitsgesetze ausreichen. Innenminister de Maizière sieht kein generelles Versagen der Behörden. Er beklagt unzureichende Möglichkeiten, Gefährder überwachen zu lassen.

 Thomas de Maizière bei einer Pressekonferenz zum Fall Amri am Freitag.

Thomas de Maizière bei einer Pressekonferenz zum Fall Amri am Freitag.

Foto: dpa, mkx wok

Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri bestritten. "Es gibt bisher juristisch keine ausreichende Möglichkeit, jeden dieser Gefährder rund um die Uhr überwachen zu lassen", sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag".

Zu diesem Zeitpunkt schon ein abschließendes Fazit zu ziehen, wäre nicht seriös, betonte de Maizière. "Selbstverständlich werden wir den Fall aber bis ins Detail aufarbeiten und einen entsprechenden Bericht vorlegen."

Amri war am Freitag bei einer Routinekontrolle bei Mailand von italienischen Polizisten erschossen worden. Weil er als abgelehnter Asylbewerber und Gefährder zuletzt aus dem Visier der deutschen Behörden verschwunden war, kommen aus der Politik zunehmend Rufe nach schärferen Gesetzen.

CSU-Chef Horst Seehofer will nach einem Wahlsieg im Herbst kommenden Jahres auf jeden Fall eine Obergrenze für Asylbewerber einführen. Der bayerische Ministerpräsident sagte der "Welt am Sonntag": "Die Obergrenze kommt, für den Fall dass wir regieren. Das gebe ich hier zu Protokoll." Die Begrenzung sei Voraussetzung für Integration und Sicherheit. "Auch deswegen sind wir für eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr." Generell müsse auch an den Grenzen entschieden werden, wer ins Land komme und wer nicht.

Der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet fordert, dass in NRW die Dauer des sogenannten Unterbindungsgewahrsams ausgeweitet wird. Gemeint ist die Gefangennahme einer Person, auch wenn sie nicht verdächtigt wird, eine Straftat begangen zu haben. "Damit können Gefährder, von denen die Begehung einer Straftat erwartet wird, festgesetzt werden", sagte Laschet unserer Redaktion.

Nordrhein-Westfalen gehöre zu den drei Bundesländern, in denen der Gewahrsam nur maximal zwei Tage dauern darf. In Bayern und Baden-Württemberg sei dies bis zu 14 Tage möglich - "das muss auch in NRW die Regelung werden".

Auch der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer mahnte schärfere Gesetze an. In einem Interview der "Passauer Neuen Presse" sagte der Bundestagsabgeordnete, es sei "wichtig, einen neuen Haftgrund für Ausreisepflichtige zu schaffen, von denen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht". Amri sei für eine solche Haft "prädestiniert gewesen. Er war ein hochbrisanter Gefährder", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

Dagegen sprach sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegen einen Richtungswechsel in der europäischen Flüchtlingspolitik aus.
"Europa muss den Menschen, die aus den Kriegsgebieten und vom Terror fliehen, Zuflucht bieten", sagte Juncker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Er forderte, Flüchtlinge nicht "unter einen Terrorismus-Generalverdacht zu stellen". Auch einer "Rhetorik der Ausgrenzung" sollte niemand folgen: "Unsere Werte, unsere Art des Zusammenlebens in Freiheit, im Miteinander und in Offenheit sind die besten Waffen gegen den Terror", sagte Juncker.

(jco/dpa)
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