Der Fall Sebastian Edathy Gabriel und Koalition büßen Ansehen ein

Berlin · Die Edathy-Affäre kostet SPD-Chef Sigmar Gabriel und die große Koalition Sympathien bei den Bürgern. Der Vizekanzler verliert im ZDF-Politbarometer so stark wie kein anderer Spitzenpolitiker in den Top 10.

Das ist Sigmar Gabriel
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Aber auch die schwarz-rote Koalition kommt bei den Wählern seit Bekanntwerden der Affäre um den früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy schlechter weg. 53 Prozent sprechen sich für den Rücktritt von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann aus, der wegen seines umstrittenen Anrufs beim Bundeskriminalamt unter Druck geraten war.

Gabriel erreicht im Politbarometer noch eine Zustimmung von 0,9 nach 1,4 im Januar, rangiert aber immer noch auf Platz vier. Nach dem Ansehen der Koalition befragt, sehen 63 Prozent der Bürger bei Schwarz-Rot alles in allem zwar gute Arbeit — Ende Januar waren es aber 74 Prozent.

Das Verhältnis von CDU/CSU und SPD hat sich aus Sicht der Befragten deutlich verschlechtert: Nach 48 Prozent Anfang Januar bezeichnen es jetzt 62 Prozent als schlecht, nur 31 Prozent gehen von einem guten Klima aus.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würde die CDU/CSU unverändert auf 43 Prozent kommen, die SPD auf 24 Prozent (minus 1), die Linke auf 10 Prozent (plus 1), die Grünen weiter auf 10 Prozent. FDP und AfD kämen beide unverändert auf jeweils 4 Prozent.

Von einer Sitzung des Bundestags-Innenausschusses wurden am Freitag kaum weitere Enthüllungen erwartet. Aus Niedersachsen, wo gegen Edathy wegen des möglichen Besitzes von Kinderpornografie ermittelt wird, sagten Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) und der leitende Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich ihre Teilnahme ab. Die Ministerin bot an, in der kommenden Woche zum Ausschuss zu kommen. Aktuell wäre eine Unterrichtung wegen des noch laufenden Ermittlungsverfahrens nur in eingeschränktem Umfang möglich.

Das ist Sebastian Edathy
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Foto: dpa

Ein zweites Mal sollte im Ausschuss BKA-Präsident Jörg Ziercke zu Oppermanns Anruf befragt werden. Es gebe noch zahlreiche Fragen, sagte der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz. Dazu gehört, warum Ziercke keinen Vermerk über Oppermanns Anruf anlegte. Notz betonte: "Wir betreiben diese ganze Diskussion ohne jeden Schaum vor dem Mund." Oppermann hatte Ziercke nach Details der Ermittlungen gegen Edathy befragt, nachdem er von Gabriel darüber informiert worden war, dass Edathys Name bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht war. Dieser Hinweis kam vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der deswegen mittlerweile zurückgetreten ist.

Die niedersächsische CDU forderte inzwischen von der Landesregierung in Hannover, Kopien von Vermerken, E-Mails und Gesprächsnotizen zum Gesamtkomplex Edathy zu erhalten. Edathy selbst hat bislang wohl noch nicht - wie vorgeschrieben nach Abgabe seines Mandats - seinen Diplomatenpass beim Bundestag zurückgeben. Die Reisestelle habe seit Montag versucht, Edathy zu erreichen. "Bisher ohne Erfolg", sagte ein Bundestagssprecher der "Bild"-Zeitung. Der Pass schützt Abgeordnete im Ausland vor Strafverfolgung.

Als weiteres Detail wurde bekannt, dass Edathy als Nachrücker für die SPD im Herbst an den Koalitionsverhandlungen mit der Union teilnahm. Edathy war für seine Bremer Parteikollegin Yasemin Karakasoglu, die am 24. Oktober ihren Verzicht bekanntgab, in die Unter-Arbeitsgruppe Integration und Migration gekommen. Nach Angaben der SPD waren Gabriel und Oppermann daran nicht beteiligt. "Sigmar Gabriel war in die Entscheidung um die Nachfolge von Yasemin Karakasoglu nicht involviert", sagte eine SPD-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

Nach der Absage Karakasoglus habe die Co-Chefin der AG Migration, SPD-Vizechefin Aydan Özoguz, "eigenständig" Edathy gebeten, den Platz einzunehmen. Dieser Vorgang könnte ein Indiz dafür sein, dass die SPD-Spitze um Gabriel, Oppermann und Außenminister Frank-Walter Steinmeier die von Friedrich erhaltene Edathy-Info intern nicht weitergab.

Die CSU, die in der Affäre ihren Bundesminister Friedrich verlor und der SPD die Schuld dafür gibt, lässt nicht locker. Es sei völlig unangebracht, dass die SPD bereits "Blanko-Freisprüche" für ihre eigenen Leute verkünde. "Bei dieser SPD-Quasselbude muss man mit allem rechnen", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. "Die SPD muss den Verdacht der Kumpanei durch lückenlose Aufklärung aus der Welt schaffen, sonst kann kein neues Vertrauen entstehen."

(dpa)
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