Edathy-Affäre Oppermann verteidigt seinen Anruf bei Ziercke

Berlin · Nach dem Rücktritt von Hans-Peter Friedrich als Agrarminister gerät die SPD-Spitze zunehmend in die Kritik. Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann schließt ein Fehlverhalten seinerseits aus. Die Große Koaliton kämpft sich unterdessen durch die erste Krise.

Chronologie des Falles Edathy
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Er sei sich "der Brisanz der Informationen" des damaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) sehr bewusst gewesen und habe sich "in jeder Hinsicht gesetzeskonform verhalten", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann der "Bild am Sonntag". Ein Fehlverhalten seinerseits schloss er kategorisch aus.

Oppermann verteidigt Anruf bei BKA-Chef Ziercke

Der Fall Sebastian Edathy - Antworten auf zentrale Fragen
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Oppermann wies auch Kritik an dem umstrittenen Telefonat mit BKA-Chef Jörg Ziercke zurück und begründete dies mit seiner Dienstpflicht als damaliger Fraktionsgeschäftsführer. "Es stand eine Regierungsbildung bevor mit wichtigen Personalien. Da kann es zu schweren Fehlentscheidungen kommen", sagte er. "Als der Hinweis auf Edathy kam, hatte ich die Sorge, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. " Er habe bei Ziercke angerufen, "um die Sache einordnen zu können".

Der BKA-Chef habe ihm aber "keine Einzelheiten genannt", sagte Oppermann der "Bild am Sonntag". Ziercke habe die von Oppermann vorgetragenen Informationen "nicht kommentiert". Daher habe er den Eindruck gehabt, "dass ein Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen ist".

SPD-Fraktionsvorsitzender hatte keinen Kontakt zu Edathy

Entschieden wies Oppermann den Verdacht zurück, dass Edathy direkt oder indirekt aus der SPD gewarnt worden sein könnte: "Ich habe in dieser Angelegenheit bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt mit ihm gehabt. Und ich bin absolut sicher, dass keiner von uns Sebastian Edathy irgendeinen Hinweis gegeben hat." Edathy habe am Rande der Koalitionsverhandlungen am 8. November zuletzt mit Oppermann gesprochen. Damals seien Edathys Karrierewünsche Thema gewesen. "Er hat keinerlei Interesse mehr an einem politischen Posten signalisiert. Ich nehme an, dass dies an der breiten Berichterstattung über die Ermittlungserfolge in Kanada lag.

Friedrichs Rücktritt "bitter und tragisch"

Den Rücktritt Hans-Peter Friedrichs vom Amt des Agrarministers am Freitag bedauere Oppermann. Friedrich habe "nichts Unrechtes" tun wollen. Er habe "eine Ermessensentscheidung getroffen und sich dabei sehr anständig gegenüber dem künftigen Regierungspartner verhalten". "Dass er dafür mit dem Rücktritt bezahlen musste, ist bitter und tragisch." Seine Pressemitteilung vom Donnerstag verteidigte Oppermann mit seinen Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit. Der SPD-Fraktionschef hatte darin bekanntgegeben, dass Friedrich den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel bereits im Oktober informiert hatte, dass Edathys Name im Zusammenhang mit Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Er habe die Erklärung mit Friedrich telefonisch abgesprochen, betonte Oppermann. Friedrich habe auch die schriftliche Fassung vorab gekannt und "keine Einwände" gehabt.

Friedrichs Nachfolge soll Montag bestimmt werden

Den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Friedrich will Seehofer am Montag benennen. Im Rennen sind unter anderem Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär (CSU) und die Bundesdrogenbeauftragte und Agrarexpertin Marlene Mortler.

Seehofer will den Abgang seines Ministers aber nicht auf sich beruhen lassen und dies im Kreis der Parteispitzen zur Sprache bringen. "Wir werden über die Art und Weise der Zusammenarbeit reden müssen", sagte er in Bamberg. Am Dienstag ist in Berlin ohnehin ein Treffen des Koalitionsausschusses geplant.

Grünen fordern Aufklärung

Die Grünen fordern im Fall Edathy eine vollständige Aufklärung. Die Regierung müsse sagen, wer zu welchem Zeitpunkt welche Informationen erhalten und weitergegeben habe, erklärte die Parteivorsitzende Simone Peter am Sonntag in Berlin. Gegenseitige Schuldzuweisungen machten "dieses großkoalitionäre Desaster" nur noch schlimmer. Mit Blick auf die Ankündigung der Opposition, ihn im Innenausschuss zu seiner Rolle im Fall Edathy zu befragen, sagte Oppermann: "Ich will nächste Woche vor dem ganzen Bundestag reden." Der Innenausschuss sei "nicht der richtige Rahmen".

Ermittlungen im Fall Edathy dauern an

Edathy hatte am Freitag vergangener Woche sein Bundestagsmandat niedergelegt. Wenige Tage später durchsuchten Ermittler seine Wohn- und Büroräume. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt nach eigenen Angaben gegen den SPD-Politiker wegen Vorwürfen "im Grenzbereich" zur Kinderpornografie. Inzwischen ist bekannt, dass Edathy in Kanada Filme und Fotos nackter Jungen gekauft haben soll. Bei der Durchsuchung einer Lagerhalle in Toronto waren die Ermittler laut "Bild"-Zeitung auf Edathys Namen gestoßen. Ein Ermittler hatte sich dem Bericht zufolge als Käufer von Kinderpornos ausgegeben und so den Händler überführt.

Bei der Durchsuchung der Privat- und Büroräume Edathys hatte die Staatsanwaltschaft nur wenig Beweismaterial gefunden. Einige Festplatten waren offenbar zerstört. Edathy selbst bestreitet, von Tippgebern einen Hinweis auf die Ermittlungen bekommen zu haben, und nennt das Vorgehen der Staatsanwaltschaft "ungeheuerlich".

(AFP)
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