Familiennachzug für Flüchtlinge SPD beißt bei der Union auf Granit

Berlin · Die Sozialdemokraten wollen den für zwei Jahre ausgesetzten Familiennachzug für Flüchtlinge wieder einführen. Doch die Union sträubt sich. CSU-Chef Horst Seehofer warnt vor "massiver Einwanderung".

 Flüchtlinge demonstrieren Anfang November vor dem Innenministerium in Berlin und fordern den Familiennachzug.

Flüchtlinge demonstrieren Anfang November vor dem Innenministerium in Berlin und fordern den Familiennachzug.

Foto: dpa, sis pat

In dem am Montag vom SPD-Parteivorstand gefassten Beschluss zu den mit der Union geplanten Gesprächen über eine Regierungsbildung heißt es, das Zusammenleben in der Familie trage zu einer guten Integration bei. "Deshalb wollen wir die temporäre Aussetzung des Familiennachzugs nicht verlängern." Dies betrachtet die SPD in dem Beschluss als "essenziellen" Punkt für die Sondierungen.

Union und SPD hatten die Begrenzung des Familiennachzugs für bestimmte Flüchtlinge auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs beschlossen und auf zwei Jahre bis März 2018 befristet. Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schätzen, dass dies etwa 50.000 bis 60.000 nachzugsberechtigte Angehörige von Flüchtlingen betrifft.

Sollte der Familiennachzug erlaubt werden, gäbe es "wieder eine so massive Zuwanderung, dass die Integrationsfähigkeit Deutschlands total überfordert wäre", sagte Seehofer der "Bild-Zeitung".

Der CDU-Innenexperte Armin Schuster kritisierte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" die SPD-Beschlüsse als "Kraftmeierei". "So etwas macht man einfach nicht vor Gesprächen", sagte Schuster. "Wer nur rote Linien aufzeigt, der kommt keinen Schritt weiter."

Thüringens CDU-Vorsitzender Mike Mohring reagierte mit Gelassenheit auf die SPD-Forderung, die schon im Wahlprogramm der Sozialdemokraten enthalten war. "In der Beschreibung der für die SPD wesentlichen Punkte sehe ich keine roten Linien oder Hindernisse für ergebnisoffene Gespräche", sagte er.

Alles Weitere solle "hinter geschlossenen Türen" besprochen werden, betonte Mohring. "Aus den Sondierungen mit der FDP und den Grünen sollten alle gelernt haben, dass Profilierungsspielchen Verhandlungen unnötig belasten."

In den gescheiterten Sondierungsgesprächen von Union, FDP und Grünen gehörte der Familiennachzug zu den Hauptstreitpunkten. CDU, CSU und FDP wollten die Aussetzung verlängern, die Grünen lehnten dies ab.

Die SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis vom linken Parteiflügel zeigte sich allerdings kompromisslos. "In diesem Punkt muss man hart bleiben", sagte sie dem RBB-Sender "Radio Eins". Der Familiennachzug sei wichtig für die Integration. Mit Blick auf die Haltung der Union fügte sie hinzu: "Kategorische Ausschließerites führt nicht dazu, dass man Gespräche ergebnisorientiert führen kann."

Unterstützung bekam die SPD von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Ihr Geschäftsführer Günter Burkhardt warf Seehofer vor, "mit der Zeichnung von Horrorgemälden eine verfassungswidrige Trennung von Flüchtlingsfamilien durchsetzen zu wollen". Bereits jetzt seien Familien von subsidiär Geschützten rund drei Jahre getrennt, erklärte er. Ein Jahr dauere mindestens ein Asylverfahren, und für zwei Jahre habe der Bundestag den Familiennachzug bis März 2018 ausgesetzt.

(laha)
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