Standing Ovations der Abgeordneten Kubickis emotionaler Abschied vom Landtag

Kiel · Selbstironische, bewegende und staatstragende Worte zum Abschied: Wolfgang Kubicki verabschiedet sich nach einem Vierteljahrhundert im schleswig-holsteinischen Landtag - und die Abgeordneten spenden ihm Standing Ovations. Künftig macht der Liberale in Berlin Politik.

 Wolfgang Kubicki (l.) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) begrüßen sich.

Wolfgang Kubicki (l.) und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) begrüßen sich.

Foto: dpa, htf

Wolfgang Kubicki schießen am Rednerpult im schleswig-holsteinischen Landtag Tränen in die Augen. "Selbst mir passiert das", sagt der 65-Jährige, der für Wortwitz und Austeilen bekannt ist. Es ist Kubickis letzte Rede als Landtagsabgeordneter und FDP-Fraktionschef. Ein Vierteljahrhundert hat Kubicki dem Parlament in Kiel angehört und es mitgeprägt.

Dass die Tagesordnung im Parlament es am Donnerstag vorsieht, dass Kubicki seine letzte Rede zu einem AfD-Antrag zur Rückführung von Flüchtlingen hält, bezeichnet er halb spöttisch als Schicksalsschlag.
In wenigen Sätzen entlarvt er den Antrag als seiner Meinung nach rassistisch, um dann auf Persönliches und Grundsätzliches zur Demokratie zu kommen.

Er entschuldigt sich, mit seiner spitzen Zunge - meist unabsichtlich, wie er unter Gelächter sagt - andere Parlamentarier verletzt zu haben. Und er entschuldigt sich zuerst direkt bei SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, "der zu meinem Lieblings-Counterpart geworden ist". "Das Parlament wäre ohne Sie definitiv ärmer gewesen", sagt er über Stegner, den er ungezählte Male verbal im Parlament attackiert hatte.

Kubicki dankt auch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Umweltminister Robert Habeck, den er als Bundesvorsitzenden der Grünen in Berlin wiedersehen will, und Lars Harms vom Südschleswigschen Wählerverband, mit dem man auch Naturalien habe tauschen können. "Ich habe meine alkoholischen Wettschulden voll bezahlt", sagt Kubicki, der nie ein Hehl daraus gemacht hat, gern mal ein Gläschen Wein zu trinken.

"Macht euch nicht zu klein!"

Und dann hat der Liberale noch einen sehr ernsten Rat an die Abgeordneten: "Macht euch nicht zu klein!" Die Debatten um die Abgeordnetendiäten findet Kubicki unangemessen. "Wenn die Massenmedien fragen, was die Demokratie kostet, kann ich nur feststellen, das Nicht-Demokratie am teuersten ist - sie kostet die Freiheit und unter Umständen das Leben." Nach Ende der Rede erheben sich die Abgeordneten, auch Stegner, von den Sitzen und spenden dem sichtlich gerührten Kubicki kräftigen Applaus. "Er ist ein leidenschaftlicher Parlamentarier", sagt der SPD-Fraktionschef. "In der Spielklasse gibt es nicht so viele."

Wegen des Wechsels von Kubicki nach Berlin hatte sich die FDP-Landtagsfraktion zuvor personell neu aufgestellt. Die Fraktion wählte den bisherigen Parlamentarischen Geschäftsführer Christopher Vogt (33) zu ihrem neuen Vorsitzenden. Kubicki selbst wurde zum Ehrenvorsitzenden der Fraktion auf Lebenszeit gewählt.

Der 65-Jährige war 1992 bis 1993 und dann seit 1996 durchgängig Landtags-Fraktionschef. Sein Landtagsmandat wollte Kubicki nach den Plenumssitzung am Donnerstagabend zurückgeben. Er werde weiterhin in Strande bei Kiel leben. In Berlin ist Kubicki Bundestagsabgeordneter und Bundestagsvizepräsident. Er habe nicht vor, seinen Bekanntheitsgrad zu reduzieren, im Gegenteil. Er wolle sich dort in die Bundespolitik für die FDP verstärkt einbringen, sagte er.

(ems)
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