Festnahme im Rheinland So führte die Terror-Spur von Wien nach Neuss

Düsseldorf · In Neuss ist ein 21-jähriger Terrorverdächtiger festgenommen worden. Der Tipp für den Zugriff kam aus Österreich, wo die Polizei bereits am Freitag gegen einen 17-Jährigen vorging. Wie hängen die beiden Fälle miteinander zusammen?

SEK-Einsatz in Neuss-Weißenberg
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SEK-Einsatz in Neuss-Weißenberg

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Foto: Schüller

Am Samstagabend ging alles ganz schnell. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei stürmte eine Wohnung in Neuss und nahm einen 21-jährigen Terrorverdächtigen fest. Der Hinweis kam aus Österreich. Der junge Mann aus dem Rheinland steht im Verdacht, Komplize eines 17-Jährigen zu sein, der in Wien einen Anschlag geplant haben soll. Möglicherweise wollte der Mann aus Neuss auch in Deutschland eine Bombe zünden. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf teilte am Montag aber mit, man habe weder Waffen noch Sprengstoff in der Wohnung gefunden. Hinweise auf einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag gebe es nicht.

Ausländischer Geheimdienst hat Österreich alarmiert

Beide Verhaftungen — die am Freitag in Wien und die tags darauf in Neuss — haben in Österreich Unruhe ausgelöst. Auch am Montag wurden wieder Wohnungen durchsucht, teilte das Bundesinnenministerium mit. Die Terrorgefahr war nach Einschätzung des Ministeriums noch nie so groß. Der radikalisierte 17-Jährige steht im Verdacht, eine Attacke in Wien vorbereitet zu haben. Laut den Ermittlern wollte er in der zweiten Januarhälfte eine Bombe in einer U-Bahn oder an einem anderen stark frequentierten Platz zünden. Freitagabend wurde der junge Mann gefasst. Österreichische Medien berichten, er sei wenige Minuten nach 18 Uhr unweit seiner Wohnung auf offener Straße vom Einsatzkommando "Cobra" festgenommen worden.

Befreundete Geheimdienste hatten die österreichischen Behörden über die Gefahr informiert. Das berichtet das österreichische Boulevard-Blatt "Kronen Zeitung". Sie veröffentlichte am Freitag ein Papier des österreichischen Bundesinnenministeriums, aus dem hervorgeht, dass ein "ausländischer Partnerdienst" und unabhängig davon auch eine "ausländische Polizeibehörde" einen Tipp gegeben hätten.

Der 17-jährige Lorenz K. soll sich nach Medienberichten den Aliasnamen "Abu Chaker" gegeben haben. Der gebürtige Niederösterreicher mit albanischen Wurzeln war als Kleinkrimineller bereits polizeibekannt. Er hatte sich nach Erkenntnissen der Ermittler zuletzt in einem radikalen albanisch-islamistischen Milieu bewegt. Medienberichte, wonach sich der 17-Jährige zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt haben soll, wurden von offizieller Seite bislang nicht bestätigt.

Auch Angaben, wonach er im Internet Informationen zum Bau einer Bombe gesucht und bereits Material gekauft habe, blieben unkommentiert. Das österreichische Bundesinnenministerium teilte mit, der Jugendliche sei kein Heimkehrer aus einem Kriegsgebiet des IS. Die Radikalisierung habe in Österreich stattgefunden. Damit passt Lorenz K. in das Profil vieler Konvertiten im deutsch-sprachigen Raum, die sich über den Salafismus radikalisieren.

Nach den bisherigen Ermittlungen hatte der Wiener Verdächtige enge Kontakte zu dem 21-Jährigen aus Neuss. Beide sollen sich über soziale Medien kennengelernt haben. Laut Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat der Österreicher in der Neusser Wohnung bei dem 21-Jährigen übernachtet. Sie hätten zusammen mit Sprengstoff experimentiert, berichtete "Focus Online" am Sonntag. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft teilte am Dienstag jedoch mit, man habe keinen Sprengstoff gefunden.

Laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf soll der Mann über einen Anschlag auf Bundeswehrziele nachgedacht haben. "Focus Online" berichtet von Plänen für einen Bombenanschlag auf Polizisten und Bundeswehrsoldaten. Auch wenn es dafür keine Bestätigung gab, rückt mit der Festnahme erneut Nordrhein-Westfalen in den Mittelpunkt der Terrorfahndung.

In wohl keinem anderen Bundesland sind extremistische Salafisten so aktiv wie in NRW. Vor allem im Rheinland und im Ruhrgebiet sind laut Verfassungsschutz Dutzende Islamistengruppen aktiv. Auch die Spur des Berliner Attentäters Amri führt nach Nordrhein-Westfalen. Er war dort gemeldet, wurde länger observiert — dennoch konnte er den Behörden entwischen und in Berlin einen Anschlag verüben.

(lnw/heif)
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