Irak-Krieg Fischer fordert öffentliche Aufklärung der BND-Affäre

Berlin (rpo). Die rot-grüne Bundesregierung war offenbar stärker in den Irak-Konflikt involviert als bisher bekannt. Bundesaußenminister Steinmeier bestätigte Medienberichte, nach denen deutsche Geheimdienst-Mitarbeiter während des Irak-Krieges 2003 Informationen für die Bundesregierung beschafften. Ob die Agenten den Krieg führenden Parteien zuarbeiteten, soll in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden. Öffentliche Aufklärung fordert auch Ex-Außenminister Fischer.

Irak-Wahl: Wichtige Etappen zur Unabhängigkeit
18 Bilder

Irak-Wahl: Wichtige Etappen zur Unabhängigkeit

18 Bilder

Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der Bundesnachrichtendienst dementierten aber Berichte, wonach die BND-Mitarbeiter US-Geheimdiensten Informationen über Bombenziele gaben. Dennoch forderte die Opposition im Bundestag öffentliche Aufklärung.

Zuvor hatten US-Medien, die "Süddeutsche Zeitung" und das NDR-Fernsehmagazin "Panorama" berichtet, der Angriff der US-Luftwaffe am 7. April 2003 auf ein Restaurant in Bagdad sei auf Tipps deutscher Geheimdienstler zurückzuführen. In dem Restaurant seien zur Zeit des Angriffes der Diktator Saddam Hussein und seine Söhne vermutet worden - un Unrecht, wie sich später herausstellte.

Steinmeier bestätigte die Anwesenheit des BND zu Beginn des Krieges im Irak 2003, schloss eine aktive Unterstützung der US-Offensive durch den Geheimdienst aber aus. Der SPD-Politiker sagte, Aufgabe der im Irak verbliebenen BND-Mitarbeiter sei es gewesen, ein Mindestmaß an eigenen Erkenntnissen zu erlangen. Die eigenen Erkenntnisse sollten Aufschluss über die Entwicklung der Lage im Irak und den Kriegsverlauf geben. Steinmeier war unter der Vorgängerregierung Kanzleramtsminister und zuständig für die Koordinierung der Geheimdienste.

BND-Agent von den USA ausgezeichnet

Den Medienberichten zufolge wurde mindestens ein BND-Agent für seine Arbeit mit einem amerikanischen Militärorden ausgezeichnet. Sie beriefen sich auf einen Mitarbeiter des amerikanischen Verteidigungsministeriums und einen hochrangigen deutschen Sicherheitsbeamten, die beide anonym blieben. Der Amerikaner habe zur Rolle der BND-Agenten gesagt: "Sie gaben uns Informationen für die Zielerfassung."

BND-Sprecher Philip Lechtape nannte die Darstellungen "falsch und verzerrt". Richtig sei, dass die beiden Mitarbeiter "im Rahmen des gesetzlichen Auftrags des Bundesnachrichtendienstes Informationen gesammelt, ausgewertet und der Bundesregierung berichtet" hätten. "Entgegen anders lautenden Unterstellungen" sei festzuhalten, sagte Lechtape, "dass den Krieg führenden Parteien keinerlei Zielunterlagen oder Koordinaten für Bombenziele zur Verfügung gestellt" worden und dass auch keine Bombenziele verifiziert worden seien.

Linkspartei will Untersuchungsausschuss beantragen

Die Aktion wird Thema im Bundestag. Die Linkspartei kündigte an, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Um dazu die nötige 25-Prozent-Quote im Parlament zu erreichen, bräuchte sie allerdings die Unterstützung weiterer Abgeordneter. FDP und Grüne - einschließlich des früheren Außenministers Joschka Fischer - forderten zunächst lediglich umfassende Aufklärung. Sie drohten aber mit dem Instrument des Untersuchungsausschusses für den Fall, dass diese zu wünschen übrig lasse. Ihre Fraktionen beantragten eine aktuelle Stunde im Bundestag.

Steinmeier sagte Angaben der Grünen zufolge zu, dem Auswärtigen Ausschuss Rede und Antwort zu stehen. Hessens FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn sagte der "Welt", die Zeit sei reif für einen Untersuchungsausschuss. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag forderte, Bundestag und Öffentlichkeit seien sofort und umfassend über alle Fakten und Verantwortlichen zu informieren.

BND-Chef verteidigt Mitarbeiter

In der Affäre um eine angebliche Beteiligung des deutschen Geheimdienstes am Irak-Krieg hat sich der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, vor seine Mitarbeiter gestellt. Er widersprach Berichten, BND-Mitarbeiter seien durch die Weitergabe von Zielinformationen mitverantwortlich für einen US-Bombenangriff in Bagdad, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen. "Der BND hat keine Koordinaten für Bombenziele geliefert. Damit sind auch die Behauptungen zu den Abläufen am 7. April 2003 falsch.", sagte Uhrlau der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe).

Der Zeitung "Die Welt" (Freitagausgabe) sagte Uhrlau: "Wir waren nicht an der Verfolgung Saddam Husseins beteiligt." Am 7. April seien, anders als behauptet, vor dem Bombenangriff der US-Luftwaffe auf einen vermuteten Aufenthaltsort des irakischen Diktators "keine BND-Mitarbeiter vor Ort" gewesen.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort