Flüchtlingskrise Merkel verspricht Ländern 40.000 neue Erstaufnahme-Plätze

Berlin · Die Länder bekommen mehr Hilfe vom Bund bei der Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland - darauf haben sich Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Sondertreffen geeinigt. Bis zu 40.000 neue Erstaufnahme-Plätze will Berlin zur Verfügung stellen.

 Kanzlerin Merkel nach dem Sondertreffen (mit Regierungssprecher Seibert (l.) und Ministerpräsidenten Woidke und Haseloff): "Riesige Kraftanstrengung"

Kanzlerin Merkel nach dem Sondertreffen (mit Regierungssprecher Seibert (l.) und Ministerpräsidenten Woidke und Haseloff): "Riesige Kraftanstrengung"

Foto: dpa

Der eigentliche Flüchtlingsgipfel ist nächste Woche. Dann wollen Bund und Länder die Finanzfragen klären. Auf dem Sondertreffen in Berlin hat es am späten Dienstagaband aber erste Absprachen gegeben. So will der Bund die Länder bei der Erstaufnahme und Verteilung von Flüchtlingen stärker entlasten.

"Der Bund wird gemeinsam mit den Ländern in Zukunft nach dem 'Königsteiner Schlüssel' auch die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Länder managen", kündigte Merkel nach fast vierstündigen Beratungen im Kanzleramt an. Dabei hätten sich alle 16 Länder zum "Königsteiner Schlüssel" bekannt, der die Verteilung regelt.

Außerdem sei der Bund bereit, bis zu 40.000 Erstaufnahme-Plätze zur Verfügung zu stellen. Details dazu würden in den nächsten Tagen geklärt. Auch sollen Verteilzentren geschaffen werden: "Solche Drehkreuze sind notwendig", sagte Merkel. Die Bundeswehr sei bereit, verstärkt Personal bereitzustellen.

Wo die neuen Verteilzentren errichtet werden sollen, sei noch nicht klar, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD). "Es geht ganz simpel darum, die Züge nicht alle in München ankommen zu lassen." Es sollten auch andere Bahnhöfe angefahren werden, um die Flüchtlinge von dort zu verteilen.

Über die Finanzierung und Aufteilung der Kosten sowie neue Gesetze wollen sich Bund und Länder beim Flüchtlingsgipfel am 24. September verständigen. Länder und Kommunen pochen auf eine Verdoppelung der bisher vom Bund zugesagten Milliardenhilfen sowie auf schnellere Asylverfahren. In diesem Jahr will der Bund Ländern und Kommunen bisher eine Milliarde bereitstellen, für das kommende Jahr hat er zusätzlich drei Milliarden Euro zugesagt. Dem Vernehmen nach kritisierten die Länder unisono die schleppende Personalaufstockung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

"Es geht jetzt darum, wieder einen geordneten und nachverfolgbaren Umgang mit der großen Zahl von Flüchtlingen zu schaffen", sagte Merkel. Es gehe auch um schnellere Asylverfahren. Diejenigen, die keine Bleibeperspektive hätten, müssten Deutschland verlassen. Die Kanzlerin betonte, der Staat als Ganzes müsse nun eine "riesige Kraftanstrengung" bewältigen. Alle seien aber willens, diese Herausforderung auch zu bestehen.

900 Flüchtlinge kommen mit Sonderzügen in Düsseldorf an
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Foto: Christoph Reichwein

Brandenburgs Ministerpräsident Woidke zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass die Herausforderungen miteinander zu schaffen seien. Verbesserungsbedarf gebe es bei der Dauer der Asylverfahren. "Wir müssen alles tun, um die Verfahrensdauer zu verkürzen." Der Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), nannte als Schlagworte: Begrenzen, Beschleunigen und Zurückführen. Bei der Rückführung von Flüchtlingen sei ein einheitliches Vorgehen nötig, um Kapazitäten zu schaffen.

Das kurzfristig angesetzte Sondertreffen im Kanzleramt mit mehr als 70 Teilnehmern dauerte länger als geplant. Neben den Regierungschefs der Länder und nahezu dem kompletten Bundeskabinett waren auch das Rote Kreuz sowie andere Hilfsorganisationen vertreten.

Für die einzelnen Bundesländer bestehen Aufnahmequoten. Diese legen fest, welchen Anteil der Asylbewerber jedes Bundesland aufnehmen muss. Sie werden nach dem "Königsteiner Schlüssel" festgesetzt. Er wird alljährlich ermittelt und beruht zu zwei Dritteln auf dem Steueraufkommen und zu einem Drittel auf der Bevölkerungszahl.

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Foto: RPO, Laura Sandgathe

Vor dem Sondertreffen hieß es im Bundesinnenministerium, seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen habe die Debatte über die angedachten Zentren zur Weiterverteilung der Flüchtlinge keine herausgehobene Rolle mehr gespielt. Wenn ein Flüchtling bei den Grenzkontrollen von der Polizei aufgegriffen werde, beginne ein geordnetes Verfahren, bei dem die Menschen registriert und ihnen etwa auch Fingerabdrücke abgenommen würden. Menschen, die in Deutschland Asyl und Schutz suchten, würden nicht zurückgewiesen.

Unterdessen erwägt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung ein kleineres Sparpaket. Im Gespräch sei ein Betrag von insgesamt 500 Millionen Euro, den alle Ministerien zusammen einsparen sollten, um zu den Flüchtlingskosten beizutragen. Im Finanzministerium wurde auf Anfrage lediglich auf die noch laufenden Haushalts-Beratungen verwiesen.

(dpa, AFP)
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