Flüchtlinge CDU nähert sich Grenzschließung

Berlin/Düsseldorf · Wenn die EU-Außengrenzen nicht bald wieder gesichert werden, steht für die Regierungspartei das Schengen-Abkommen infrage. De Maizière will notfalls "handeln und nicht darüber reden".

 Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

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Mit dem Dreiklang aus "ordnen, steuern, reduzieren" will die CDU-Führung die Delegierten beim bevorstehenden Bundesparteitag von Forderungen nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen abbringen. Gleichzeitig gibt sie jedoch an die europäischen Nachbarn das Signal, dass die Freizügigkeit im Schengen-Raum nur bleiben kann, wenn es gelingt, die Außengrenzen zu sichern. Das sei "derzeit nicht gewährleistet", heißt es im Entwurf des Leitantrags, der am Sonntag von der Parteiführung beschlossen werden soll.

Flüchtlinge: CDU nähert sich Grenzschließung
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Die Regierung dementierte zwar einen geheimen Notfallplan, demzufolge die stationäre Grenzkontrolle wieder eingeführt werde, wenn die Flüchtlingszahlen doch nicht weiter sinken. "So Pläne müsste ich kennen", sagte Innenminister Thomas de Maizière. Doch er verwies zugleich darauf, dass es zu seinem Kerngeschäft gehöre, dass "viele Varianten durchdacht werden". Daraufhin beteuerte er seine Entschlossenheit: "Wenn der Zeitpunkt erreicht wäre, müsste man handeln und nicht drüber reden."

Das bedeutet, dass die Regierung intern offenbar doch einen Zeitpunkt vor Augen hat, an dem sie nicht mehr allein auf eine europäische Lösung setzt. Mit Nachdruck will sie versuchen, diesen Zeitpunkt zu vermeiden. So soll die Grenzschutzagentur Frontex zu einer EU-Küstenwache ausgebaut werden. In den neuen "Hotspots" in Griechenland und Italien sollten Flüchtlinge nicht mehr nur registriert, sondern auch auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt und nicht Schutzbedürftige zurückgeschickt werden.

NRW-CDU-Chef Armin Laschet verstärkte den Druck: "Wenn wir jetzt nicht aufpassen, steht das gesamte Schengen-System auf dem Spiel", sagte er unserer Redaktion. Genau darauf sei ein Exportland wie NRW jedoch angewiesen. Auch an anderer Stelle des Leitantrag-Entwurfes ist eine klare Drohung der CDU enthalten. Deutschland bedeute für viele Flüchtlinge Hoffnung auf eine bessere Zukunft. "Doch kein Land, auch nicht Deutschland, kann eine solche Hoffnung allein erfüllen", stellt die CDU fest. Und sie kündigt an, jenen Ländern die Entwicklungshilfe zu kürzen, die sich der Rücknahme illegaler Migranten verweigern.

SPD-Chef Sigmar Gabriel grenzte sich in einer emotionalen Rede vor dem Bundesparteitag in Berlin von der Flüchtlingspolitik der Union und insbesondere von Forderungen der CSU nach einer Obergrenze ab. Niemals werde man die Bundeswehr mit aufgepflanztem Bajonett an der Landesgrenze stationieren, um weiteren Flüchtlingszuzug zu verhindern, rief Gabriel. Doch genau das wäre die Konsequenz, wenn man Obergrenzen schaffe. "Nicht die Zahl der Flüchtlinge ist das Problem, sondern die Geschwindigkeit, mit der sie kommen", so der SPD-Chef. Er warb für den SPD-Leitantrag zur Flüchtlingspolitik, der neben einem erweiterten Bleiberecht für Bürgerkriegsflüchtlinge entgegen der Union auch ein Einwanderungsgesetz fordert.

Der CDU-Landesverband stehe hinter der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin, erklärte Laschet. Die Eckpfeiler seien die Kontingentlösung und die Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Die Handschrift der NRW-CDU sei in Merkels Flüchtlingspolitik gleichwohl erkennbar, "weil wir die Union in der Asylpolitik nicht auseinanderfallen lassen", so Laschet. Als das Land mit der größten Einwanderungstradition in Deutschland stehe die NRW-CDU für "mehr Europa als Antwort auf das Flüchtlingsthema". Das sehe nicht jeder Landesverband so.

(jd/may-/qua)
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