Flüchtlinge in Deutschland Ein-Euro-Jobs sind genau der falsche Weg

Meinung | Düsseldorf · Es klingt einleuchtend: Um zu verhindern, dass Flüchtlinge zu Tausenden lange zum Nichtstun verdammt sind, will Arbeitsministerin Nahles kurzfristig 100.000 öffentlich geförderte Arbeitsgelegenheiten, sprich Ein-Euro-Jobs, für sie schaffen. Aber es wäre ein Fehler.

 Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will Flüchtlinge schnell integrieren. Dafür brauche sie aber mehr Geld, sagt sie.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will Flüchtlinge schnell integrieren. Dafür brauche sie aber mehr Geld, sagt sie.

Foto: dpa, mkx ink

Denn das mag in manchen strukturschwächeren Regionen für eine begrenzte Zeit tatsächlich helfen, um dort soziale Spannungen abzubauen und Migranten Mut zu machen. Doch als Instrument zur schnellen Integration der Flüchtlinge in den regulären Arbeitsmarkt taugen öffentlich geförderte Jobs gerade nicht, im Gegenteil, sie halten die Migranten sogar weiter fern davon.

Vielen fehlt es an Qualifikation

Viele Migranten sind jung, viele sind hochmotiviert, viele wollen schnell Geld verdienen. Dies ist nicht die Klientel, auf die Arbeitsmarktprogramme wie Ein-Euro-Jobs oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) eigentlich abzielen. Junge Migranten sind noch keine Langzeitarbeitslosen, die deshalb schwer vermittelbar wären, weil sie etwa Drogenprobleme oder psychische Probleme hätten, die sie daran hindern, einer regulären, nicht subventionierten Arbeit nachzugehen.

Was vielen Flüchtlingen fehlt, ist vor allem die sprachliche, schulische und berufliche Qualifikation. Bildung, Bildung, Bildung lautet daher das Erfolgsmotto, auf das die Politik jetzt neben schnelleren Asylverfahren gezielt setzen muss. Hier muss der Staat massiv investieren: in viel mehr Sprachkurse, damit Migranten nicht monatelang darauf warten müssen. In Schulen und Berufsschulen, in Weiterbildungsträger, in die überbetriebliche Ausbildung und in reguläre Jobs durch Eingliederungszuschüsse an die Arbeitgeber. Die Initiative des Handwerks, das mit Hilfe von Zuschüssen aus der Kasse der Bildungsministerin seine überbetrieblichen Bildungsstätten für tausende Flüchtlinge öffnen will, ist vorbildlich.

Ein-Euro-Jobs waren Auslaufmodelle

Schon bevor die Flüchtlingskrise begann, waren subventionierte Ein-Euro-Jobs, ABM oder staatliche Arbeitsgelegenheiten Auslaufmodelle. In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass sie sich besonders schlecht eignen, um Langzeitarbeitslose zurück auf den regulären Arbeitsmarkt zu bringen. In der Regel wechselten Betroffene nur von einer ABM zur nächsten oder von einem Ein-Euro-Job zum nächsten. Wer solche Jobs hinter sich hatte, war danach sogar oft schwerer am regulären Arbeitsmarkt vermittelbar als zuvor. Die Arbeitsministerinnen Ursula von der Leyen (CDU) und Andrea Nahles (SPD) haben die Zahl der öffentlich geförderten Jobs deshalb zu Recht in den vergangenen Jahren drastisch zurückgefahren.

Kürzungen sind schädlich

Kontraproduktiv ist dagegen, dass die Bundesagentur für Arbeit auch bei den Weiterbildungsangeboten für Arbeitslose spürbar gekürzt hat. Hier muss die Bundesregierung jetzt umsteuern, vor allem wegen der vielen Migranten, die qualifiziert werden müssen, aber nicht nur ihretwillen. Würden junge, motivierte Flüchtlinge gegenüber anderen Langzeitarbeitsarbeitslosen bevorzugt, die wahrscheinlich weniger Motivation mitbringen, wäre dies wieder Wasser auf die Mühlen des überall latenten Rechtsnationalismus. Wenn es also darum gehen wird, neue Qualifizierungskurse zu ermöglichen, muss auch die bisherige Stammklientel der Job-Center zum Zuge kommen. Grundsätzlich sollten alle gleiche Chancen beim Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen haben. Alles andere würde den Fremdenhass weiter schüren.

(birma)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort