Flüchtlinge Schäuble will Hartz-IV-Leistungen für Flüchtlinge senken

Berlin · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine Debatte über niedrigere Hartz-IV-Leistungen für Flüchtlinge angestoßen. Derzeit bekommen sie den üblichen Regelsatz. Das von der SPD geführte Bundesarbeitsministerium ist gegen den Vorschlag.

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Schäuble rechnet mit deutlich steigenden Hartz-IV-Ausgaben, da anerkannte Asylbewerber Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen haben. Hier stelle sich die Frage, ob man Menschen, denen man zum Teil noch Lesen und Schreiben beibringen müsse, genau so viel zahlen solle wie jemandem, der 30 Jahre gearbeitet habe und dann arbeitslos sei, sagte Schäuble am Dienstag bei einem Maschinenbau-Kongress in Berlin. "Wir werden darüber diskutieren müssen", sagte Schäuble. "Könnten wir nicht wenigstens die Kosten für die Eingliederungsleistungen abziehen?", fragte er.

Der Finanzminister befürchtet, wegen der anhaltend hohen Flüchtlingszahlen das Ziel der Nullverschuldung im Bundeshaushalt zu verfehlen. Damit würde der Unionsteil der Regierung sich von seinem vorrangigen Ziel in dieser Legislaturperiode verabschieden müssen. Noch sieht es danach allerdings nicht aus, denn der erwartete Überschuss im Haushalt dürfte ausreichen, die Mehrausgaben zu decken.

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Der Hartz-IV-Regelsatz von derzeit 399 Euro monatlich für einen alleinstehenden Erwachsenen fußt auf der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, anhand derer das vom Verfassungsgericht vorgegebene Existenzminimum festgestellt wird. Im Regelsatz enthalten sind unter anderem Beträge für Lebensmittel, Bekleidung, Gesundheit, Freizeitgestaltung und Bildung.

Schäuble schwebt nun vor, bei Flüchtlingen einige dieser Komponenten herauszurechnen, weil Asylbewerber diese Leistungen bereits von anderer Seite, etwa von der Bundesagentur für Arbeit, beziehen könnten. Dabei geht es zum Beispiel um die Bildungskomponente, die allerdings geringfügig ist.

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Das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium wies den Vorstoß umgehend zurück. Das Existenzminimum sei vom Verfassungsgericht sehr präzise gefasst und umrissen worden. "Aus Sicht des Arbeitsministeriums gibt es weder den rechtlichen Spielraum, noch ist es politisch wünschenswert, ausgerechnet die Menschen mit Leistungskürzungen zu versehen, die sich um Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft bemühen", sagte eine Sprecherin.

Die SPD lehnte auch die von der Union geforderten Transitzonen zur Überprüfung der Asylbewerber bereits an der Grenze strikt ab. Allerdings plädierte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dafür, die Transitzonen für Flüchtlinge wenigstens zu prüfen. "Ich sehe zwar Probleme in der Umsetzung solcher Transitzonen, es ist aber nicht die Zeit für pauschale Ablehnungen von Vorschlägen zur Lösung der Probleme", sagte Woidke.

Die Transitzonen könnten nach Ansicht der EU-Kommission nur eine befristete Ausnahmeregelung sein. "An den EU-Binnengrenzen können Transitzonen nur eine außerordentliche Maßnahme für einen begrenzten Zeitraum sein, auch wenn sie rechtlich nicht explizit untersagt sind", sagte der Chefsprecher der Brüsseler Behörde. Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex haben in den ersten neun Monaten des Jahres bereits mehr als 710.000 Flüchtlinge die Außengrenzen der EU überquert.

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(RP)
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