Asyldebatte Das sind die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels

Berlin · Bund und Länder einigen sich auf neue Regeln: Dabei geht es um bessere Verteilung, schärfere Vorgaben und vor allem ums Geld. Die Ergebnisse werteten die Beteiligten als positives Signal in der Flüchtlingskrise.

 Woidke, Merkel und Reiner Haseloff.

Woidke, Merkel und Reiner Haseloff.

Foto: dpa, bvj lre

Zwölf Stunden nach dem Beginn des finalen Ringens um Milliarden und Paragrafen zeichnete sich im Kanzleramt endlich die Einigung ab. Und um 22 Uhr konnten die Vertreter von Bund und Ländern verkünden, dass dies nun das Signal sei, dass Deutschland "die nationale Herausforderung der Flüchtlingskrise bestehen" kann.

Bis dahin war es ein weiter Weg. Schon am Morgen hatte die Kanzlerin ihren geplanten Abflug zur UN-Vollversammlung nach New York von 20 auf 23 Uhr verschieben lassen. Schon vormittags saßen Vertreter von Bund und Ländern in wechselnden Konstellationen zusammen.

So versuchten Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzleramtsminister Peter Altmaier ab 9 Uhr, mit Ländervertretern die am meisten umkämpfte Frage der Finanzaufteilung zwischen Bund und Ländern vom Tisch zu bekommen. Zwischendrin gab es Alarm-Meldungen, dass viele Punkte, die bereits als abgehakt galten, wieder infrage stünden. Um 11.30 Uhr war ein erster Beschlussentwurf fertig, doch wurde dieser als noch sehr veränderlich angesehen.

Wie sehr alles im Fluss blieb, zeigte sich auch beim Start des eigentlichen Gipfeltreffens von Merkel und den Landesregierungschefs: Statt um 15 Uhr begann es erst um 17 Uhr, weil die Versuche der Vorklärung sich länger hingezogen hatten.

Parallel zur großen Runde verhandelte in einem Nebenraum Schäuble mit zwei Unions- und zwei SPD-Ministerpräsidenten über die Finanzen weiter. Währenddessen erklärte der neue Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, dass er seine Belegschaft auf 6300 Mitarbeiter fast verdoppeln wolle. Gegen 21 Uhr kam der Gipfel schließlich auf die Zielgerade in großer Runde.

Die wesentlichen Punkte der erzielten Verständigung:

Wartezentren Der Bund richtet neue Wartezentren für ankommende Flüchtlinge ein. Vor hier aus werden sie auf die Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder verteilt. Erst nach "förmlicher Antragstellung" kommen die Bewerber in die Kommunen.

Asylverfahren Auch Albanien, Kosovo und Montenegro werden zu sicheren Herkunftsländern erklärt, um die Asylverfahren zu beschleunigen. Der Bund setzt sich für die Situation der Minderheiten, insbesondere der Roma, auf dem Westbalkan ein. Asylbewerber können bis zu sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben. Ziel ist, das Asylverfahren schon in dieser Zeit abzuschließen und nicht mehr weiterhin auch Bewerber ohne Bleibeperspektive in die Kommunen zu schicken. Bestehende Ausreisepflichten sollen "konsequent" durchgesetzt werden.

Finanzen Der Bund übernimmt ab 1. Januar 2016 einen Teil der Kosten von der Registrierung bis zur Erteilung des Bescheides. Dabei wird ein durchschnittlicher Aufwand je Asylbewerber von 670 Euro monatlich an die Länder erstattet - bezogen auf alle Fälle, die zu Jahresbeginn im Verfahren sind und im Laufe des Jahres hinzukommen. Für 2016 gibt es zudem eine Abschlagzahlung auf der Grundlage von 800.000 Asylbewerbern und einer Bearbeitungszeit von fünf Monaten - zusammen also 2,68 Milliarden Euro.

Ende des Jahres wird für die Zahlung für das Jahr 2017 "spitz abgerechnet". Der Chef-Haushälter der Union, Eckhardt Rehberg, sagte dazu unserer Redaktion: "Das können wir finanzieren, ohne die schwarze Null zu gefährden." Hinzu kommen allerdings weitere steigende Ausgaben für Hartz-IV-Leistungen, Kita-Plätze, den sozialen Wohnungsbau und unbegleitete Minderjährige. Für letztere gibt der Bund spontan 350 Millionen Euro jährlich. Alles in allem kommen damit wohl zehn Milliarden Euro zusätzlich für den Bund im nächsten Jahr zusammen.

Asylrecht Statt "Taschengeld" soll es künftig möglichst nur noch Sachleistungen ("auch Wertgutscheine") in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften geben. Nimmt ein Ausreisepflichtiger die Ausreisemöglichkeit nicht wahr, steht ihm bis zu seiner "umgehend einzuleitenden Ausreise" nur noch das "unabdingbar Notwendige" zu. Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die ab dem 1. September einen Antrag gestellt haben, werden mit einem Beschäftigungsverbot belegt, und zwar bis zur Ablehnung ihres Antrags.

Betreuungsgeld Die freiwerdenden Mittel aus dem auslaufenden Betreuungsgeld stehen den Ländern bis 2018 zur Verfügung, um damit die Integration über Kita- und Bildungsangebote zu forcieren.

(RP)
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