Flüchtlingspolitik Ramelow will 200.000 abgetauchte Ausländer legal integrieren

Berlin · Während der Flüchtlingszustrom nach Europa aktuell wieder zunimmt, fordert Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Integration aller in Deutschland untergetauchten Ausländer.

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Foto: dpa, mic pzi

"Wir wissen, dass mindestens 200.000 Menschen illegal ohne jeden Behördenkontakt hier leben", sagte Ramelow der "Welt". "Die sind Freiwild für Kriminelle. Die müssen wir auch registrieren und integrieren."

Ramelow verwies auf ein ähnliches Vorgehen in anderen EU-Staaten.
"Spanien und andere Länder haben mit Stichtagregelungen Hunderttausende Zuwanderer ohne Papiere legalisiert. Sie haben gesagt: Taucht auf, wir wollen wissen, wo ihr seid."

Außerdem verlangte der Politiker ein dauerhaftes Bleiberecht für Asylsuchende, die schon lange auf den Abschluss ihres Verfahrens warten und bereits Wurzeln geschlagen haben. Eine solche "Altfallregelung" solle für alle eingeführt werden, die länger als zwei Jahre in Deutschland lebten, nachweislich Deutsch lernten und ihre Kinder in die Schule schickten. "Damit würden wir 500.000 offene Fälle, die länger als zwei Jahre andauern, auf einen Schlag klären."

Wieder mehr Flüchtlinge auf dem Weg

Derweil nimmt der Flüchtlingszustrom nach Europa wieder zu. Die Schweiz droht dabei nach Einschätzung der "Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag" zum neuen Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland zu werden. Die Zahl von Migranten, die versuchten, auf diesem Wege illegal in die Bundesrepublik einzureisen, sei stark gestiegen, berichtete die Zeitung. Sie verweist auf Angaben der Bundespolizei, wonach seit Jahresbeginn 3385 Personen illegal aus der Schweiz nach Deutschland gelangt seien - 40 Prozent mehr als 2015.

Deutschland habe deshalb seine Kontrollen an der Grenze zur Schweiz verstärkt und "in den letzten Wochen rund 90 Grenzwächter und 40 Bundespolizisten zusätzlich an diesen Grenzabschnitt delegiert", sagte Finanzminister Ueli Maurer, der auch für das Schweizer Grenzwachtkorps zuständig ist, nach Angaben der Zeitung.

In Italien stieg die Zahl der Bootsflüchtlinge im Juli nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex um zwölf Prozent im Jahresvergleich. In der Ägäis wurden vergangene Woche mehrfach Flüchtlingsboote entdeckt, die versuchten, direkt von der Türkei nach Italien zu gelangen und die griechischen Inseln zu umfahren. Die Regierung in Athen befürchtet ein Scheitern des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei. Dann könnte die Zahl der Flüchtlinge hochschnellen.

Seit dem Putschversuch in der Türkei Mitte Juli haben sich die Neuankünfte in Griechenland mehr als verdoppelt: Setzten in den ersten zwei Juliwochen 634 Flüchtlinge über, waren es in den ersten zwei Augustwochen 1277 Menschen. Die griechische Regierung will im ganzen Land neue Unterkünfte schaffen. Grenzregionen und kleine Inseln blieben aber ausgenommen, sagte der Sprecher des griechischen Flüchtlingskrisenstabs, Giorgos Kyritsis, der Athener Zeitung "Kathimerini" (Sonntag).

In den neuen Lagern sollen jeweils maximal tausend Menschen Platz finden. Bisher beherbergten manche Unterkünfte bis zu 3000 Menschen. Bestehende Lager, die den Ansprüchen nicht genügten, könnten als Ersatz dienen, falls der Flüchtlingszustrom weiter zunehme.

Immer wieder ereignen sich Flüchtlingstragödien auch vor der libyschen Küste. Die Leichen mehrerer Unglücksopfer, darunter zweier kleiner Mädchen aus Syrien, wurden nach dem Kentern ihres Bootes nach Sizilien gebracht. Das acht Monate alte Baby und eine Fünfjährige starben bei einem Schiffsunglück Ende der Woche, wie das italienische Rote Kreuz und die maltesische Rettungsorganisation MOAS mitteilten. Die insgesamt fünf Leichen kamen zusammen mit Hunderten Überlebenden am Samstag im sizilianischen Trapani an.

(felt/KNA/dpa)
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