Flüchtlingspolitik Regierung will Regeln für Abschiebung verschärfen

Dortmund · Die Bundesregierung plant drastische Leistungskürzungen und strengere Regeln für Asylbewerber. Pro Asyl kritisiert den Gesetzentwurf als Programm zur Abschottung. Die Grünen sprechen von einer "Schikanierungsliste".

Das ist das Milliarden-Paket der Bundesregierung zur Flüchtlingshilfe
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Foto: dpa, shp

Das geht aus dem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums zur Neugestaltung der Flüchtlingspolitik in Deutschland hervor, der AFP am Donnerstag in Berlin vorlag. "Mit dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung wird Abschottung, Abschreckung und Obdachlosigkeit zum Programm", kritisierte die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.

Der Vorlage zufolge sollen alle Flüchtlinge keine Ansprüche auf Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes geltend machen können, die über andere EU-Staaten eingereist sind und für deren Asylverfahren daher aufgrund der Dublin-Verordnung der EU eigentlich ein anderer Mitgliedsstaat zuständig ist. Sie sollen demnach lediglich eine Reisebeihilfe in Form einer Fahrkarte und Reiseproviant erhalten.

Laut Pro Asyl würde dies auch alle Flüchtlinge treffen, die in den vergangenen Wochen über Ungarn und Österreich nach Deutschland gekommen sind. "Das Bundesinnenministerium schickt die Flüchtlinge, die die Bundesregierung zuvor nach Deutschland einreisen ließ, in die Obdachlosigkeit und in die soziale Entrechtung", erklärte dazu Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Menschen werden entwürdigt, um sie außer Landes zu treiben", warf Burkhardt dem Innenministerium vor. Auch sei die Vorlage verfassungswidrig, weil Sozialleistungen unter das soziokulturelle Existenzminimum abgesenkt würden.

Massive Verschärfungen sieht der Gesetzentwurf auch im Aufenthaltsrecht vor. So sollen Flüchtlinge, die aufgrund von selbst verursachten Abschiebehindernissen nicht ausgewiesen werden können, Arbeitsverbote erhalten und ebenfalls den Anspruch auf Sozialleistungen verlieren. Auch sollen bereits Grenzbehörden prüfen, ob für einen Asylantrag ein anderer EU-Staat zuständig ist.

Staatsangehörigen sogenannter sicherer Drittstaaten soll neben der Aufnahme von Arbeit auch die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen verboten werden. Umgekehrt soll für arbeitsfähige, nicht schulpflichtige Asylberechtigte eine Arbeitspflicht gelten, wenn ihnen ein Job angeboten wird. Lehnen sie dies ab, verwirken sie ihren Anspruch auf staatliche Leistungen.

Die Balkan-Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro sollen wie angekündigt zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Nach einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor" befindet sich der auf vergangenen Montag datierte Gesetzentwurf derzeit in der Ressortabstimmung. Pro Asyl forderte Bund und Länder auf, das Vorhaben de Maizières zu stoppen.

Pro Asyl dringt besonders auf eine Aufenthaltserlaubnis für alle Asylsuchenden, die sich länger als ein Jahr in Deutschland befinden und über deren Antrag bislang nicht entschieden wurde. Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsländern Syrien, Irak, Somalia und aus Eritrea solle in einem verkürzten, schriftlichen Verfahren ein Aufenthaltsrecht gewährt werden.

"Das Asylrecht darf nicht zum Abschieberecht werden", forderte die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke in Berlin. Sie warf de Maizière "Ausgrenzung statt Integration" vor. "Die neuen Pläne des Innenministers zeigen ein hässliches statt ein freundliches Gesicht Deutschlands", kritisierte Grünen-Parteichefin Simone Peter. Sie sprach in Berlin von einer "Schikanierungsliste".

"Menschen in Not existenzielle Leistungen zu verwehren, ist zynisch und inhuman", erklärte der Hauptgeschäftsführer de Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. Zur Verfahrensbeschleunigung empfahl auch er, Menschen aus Ländern mit ohnehin hoher Anerkennungsquote "ohne Einzelfallprüfung den Flüchtlingsstatus zu gewähren".

(AFP)
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