Hintergrund Fragen und Antworten zur Rüstungspolitik
Juni 2014: Erstmals hat die Bundesregierung ihren Rüstungsexportbericht vor der Sommerpause und nicht erst zum Jahresende vorgelegt. "Die Zeitspanne zwischen den erteilten Genehmigungen und der Vorlage des Berichts wird damit erheblich verkürzt", teilte das federführende Bundeswirtschaftsministerium mit. Die Zahlen des aktuellen Reports beziehen sich auf das Jahr 2013. Nichtregierungsorganisationen und das auch von den Kirchen unterstützte Bündnis "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" werfen Politik und Rüstungsbranche gleichwohl Intransparenz vor. Fragen und Antworten zu dem Thema:
Wie groß ist die deutsche Rüstungsindustrie?
Die jüngsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2011. Damals waren bundesweit 100.000 Menschen direkt in der Rüstungsindustrie beschäftigt, weitere 220.000 in Zulieferbetrieben. Die gesamte Bruttowertschöpfung der Branche betrug laut Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) für dieses Jahr 21,417 Millionen Euro. Die Zahl der deutschen Rüstungsfirmen lässt sich nur schwer ermitteln. Das im Internet zugängliche BDSV-Mitgliederverzeichnis listet 43 Unternehmen. Das Spektrum reicht von bekannten Namen wie der baden-württembergischen Waffenschmiede Heckler & Koch bis hin zu Spezialanbietern wie dem "Raumfahrt-Systemhaus" OHB System in Bremen.
Wie viele Waffen werden aus Deutschland exportiert?
Aus Deutschland wurden 2013 Kriegswaffen im Wert von 933 Millionen Euro ausgeführt (2012: 946 Millionen). Zugleich erteilte die Bundesregierung Einzelausfuhrgenehmigungen teils auch für die kommenden Jahre im Wert von 5,85 Milliarden Euro (2012: 4,71 Milliarden) und Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von 2,5 Milliarden Euro (2012: 4,17 Milliarden Euro). Die Einzelausfuhrgenehmigungen erreichten damit einen neuen Spitzenwert. Abgelehnt wurden 71 Ausfuhranträge (2012: 118). Laut schwedischem Friedensforschungsinstitut SIPRI liegt die Bundesrepublik nach den USA und Russland an dritter Stelle der weltweiten Waffenexporteure.
Warum ist es so schwer, an Informationen zu kommen?
Die Geheimhaltung im Waffenhandel wird oft mit der Wahrung nationaler Sicherheitsinteressen begründet. Zudem fürchten viele Unternehmen Industriespionage. Auch ist das "Geschäft mit dem Tod" unpopulär und die Produzenten scheuen den Weg in die Öffentlichkeit. Gleichzeitig gibt es in vielen Ländern enge Verbindungen zwischen Herstellern und politischen Entscheidungsträgern. Dies alles führt aus Sicht von Kritikern zu einer hohen Anfälligkeit für Intransparenz und Korruption.
Wie sind Rüstungsexporte gesetzlich geregelt?
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Kriegswaffen, etwa Panzer und Maschinengewehre, und sonstigen Rüstungsgütern wie Zielgeräten und Splitterschutzhelmen. In der Praxis ist der Übergang oft fließend.
Für Kriegswaffen gilt das Kriegswaffenkontrollgesetz, für Rüstungsgüter das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung. Laut Grundgesetz Artikel 26 muss die Bundesregierung Kriegswaffenexporte genehmigen. Entscheidungen über politisch brisante Ausfuhren fallen im Bundessicherheitsrat und orientieren sich an den genannten Bestimmungen, an den rechtlich nicht bindenden "Politischen Grundsätzen" der Bundesregierung sowie an EU-Regelungen. Dem hinter verschlossenen Türen tagenden Bundessicherheitsrat gehören an: der Bundeskanzler, der Außen- und Verteidigungsminister, der Innen- und Finanzminister, die Leiter der Ressorts Wirtschaft, Justiz und Entwicklungshilfe sowie der Chef des Bundeskanzleramtes.
Wie will die Bundesregierung für mehr Transparenz sorgen?
Die Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts erfolgt künftig bereits vor der Sommerpause und nicht erst zum Jahresende. Zusätzlich soll es einen Zwischenbericht über die im ersten Halbjahr des laufenden Jahres erteilten Ausfuhrgenehmigungen geben. Außerdem will die Bundesregierung "mehrere Ausschüsse des Deutschen Bundestags innerhalb von zwei Wochen nach abschließenden Entscheidungen des Bundessicherheitsrates" über Rüstungsexporte unterrichten. Kritikern wie dem südafrikanischen Experten Andrew Feinstein oder dem deutschen Buchautor Jürgen Grässlin geht das nicht weit genug. Sie fordern eine Beteiligung des Parlaments bei den Entscheidungen über Rüstungsexporte.