Chef der Sicherheitskonferenz "G20-Krawalle wären in München nicht passiert"

München · Nach den schweren Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels hat der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, Konsequenzen gefordert. Er plädiert für ein europäisches FBI. Krawalle wie in Hamburg hätte es in München nicht gegeben, sagt er.

Ischinger sagte am Montag im Bayerischen Rundfunk, Ausschreitungen und Verwüstungen wie in Hamburg hätte es in München nicht gegeben: "Als inzwischen neunjähriger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz kann ich sagen, so etwas ist uns und wäre uns in München nicht passiert."

 Wolfgang Ischinger ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.

Wolfgang Ischinger ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz.

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"Man kennt jeden Kanaldeckel und weiß genau, über welche Straßen die Leute kommen, insofern standen die Hamburger natürlich vor neuartigen Herausforderungen", sagte Ischinger weiter.

Er forderte zugleich eine Art europäisches FBI. Er habe schon vor Monaten die Frage aufgeworfen, ob Europa bei den offenen Grenzen nicht auch eine grenzüberschreitende Polizei haben müsse, "die bei schweren Gewalttaten, so wie hier, bei terroristischen Gewalttaten, grenzüberschreitend tätig werden kann".

Grundsätzlich müsse es möglich sein, in deutschen und europäischen Städten solche Gipfel zu organisieren. "Bloß nicht der Gewalt weichen", sagte Ischinger. "Wir müssen eben dafür sorgen, dass in diesen Großstädten solche Zustände aufhören." Es dürfe "diese Nester von Gewaltkriminalität nicht mehr geben".

G20 in Hamburg: Dritte Krawallnacht im Hamburger Schanzenviertel
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Dritte Krawallnacht im Hamburger Schanzenviertel

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Der G20-Gipfel in Hamburg war begleitet von massiven Krawallen. Gewalttäter zündeten Autos an, lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei und plünderten Geschäfte. Bei den Einsätzen rund um den Gipfel wurden nach Polizeiangaben 476 Beamte verletzt.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat das Sicherheitskonzept von Senat und Polizei in Hamburg für gescheitert erklärt. Zur Aufarbeitung der Vorfälle gehöre die Feststellung, "dass das Sicherheitskonzept für den Gipfel schlichtweg nicht aufgegangen ist", sagte der Vorsitzende André Schulz der "Bild"-Zeitung (Montag).

G20 in Hamburg: Autonome verwüsten das Hamburger Schanzenviertel
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Autonome verwüsten das Hamburger Schanzenviertel

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Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz hätte Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang 2016 deutlich sagen müssen, "dass das Risiko aufgrund der Rahmenbedingungen in Hamburg zu groß ist und man nicht für die Sicherheit der Stadt und für Leib und Leben der eingesetzten Sicherheitskräfte, Demo-Teilnehmer und Unbeteiligter garantieren kann." Auch mit mehr Polizei wäre das Sicherheitskonzept laut Schulz nicht aufgegangen.

Die Hamburger Polizei richtet eine Sonderkommission ein. Symbolhafte Reaktionen wie Rücktrittsforderungen würden nicht weiterhelfen, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) am Montag dem Sender NDR Info. Die Ursachen für die Gewalt lägen tiefer.

"Wir müssen uns schon damit beschäftigen, wo kommt diese neue Qualität her. Wer hat auch dazu beigetragen, wer ist verantwortlich dafür? Wie kriegen wir die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen?" Es gehe auch um die Strukturen und um die Frage, wer die Gewalttäter nach Hamburg eingeladen, beherbergt und bei ihren Taten gedeckt habe.

Ein Polizeisprecher konnte noch keine Angaben zur Stärke oder dem Namen der Kommission machen. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende mehrfach harte Strafen für Gewalttäter gefordert.

Bei den Ausschreitungen waren zahlreiche Autos und Geschäfte zerstört worden, vor allem in den Stadtteilen Sternschanze und Altona. Hunderte Beamte wurden nach Angaben der Hamburger Polizei vom Sonntag verletzt.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, Gipfeltreffen wie den G20 künftig nicht mehr in deutschen Großstädten auszutragen. "In einer deutschen Großstadt wird nie wieder so ein Gipfel stattfinden", sagte Maas der "Bild"-Zeitung.

Maas kündigte zudem harte Maßnahmen gegen Linksextreme an. "Das sind asoziale Schwerstkriminelle. Diese Leute müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Maas.

(csr/AFP)
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