Grüne wollen Untersuchungsausschuss Affäre um Pannengewehr G36 erreicht von der Leyens Büro

BErlin · Die Affäre um das Sturmgewehr G36 kommt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) immer näher: Die Ministerin musste am Donnerstag einräumen, dass ihrem Büro bereits vor über einem Jahr ein Bericht über "völlig unakzeptable" Vorgänge dazu in ihrem Haus vorlag.

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Foto: dpa, lof

Demnach wollten führende Beamte kritische G36-Berichte mit Hilfe des Bundeswehr-Geheimdienstes MAD stoppen. Die Grünen forderten deswegen einen Untersuchungsausschuss.

Von der Leyen bestätigte, dass die Herstellerfirma Heckler&Koch sich 2013 wegen der öffentlichen Kritik an ihrem Gewehr G36 an den MAD gewandt hatte. Dies sei "schon sehr befremdlich", erklärte die Ministerin. "Was aber völlig inakzeptabel ist, ist, dass sich der damalige Abteilungsleiter Rüstung (des Ministeriums) mit einem Brief an den MAD vom 6. Dezember 2013 diese Initiative zu eigen gemacht hat." Zu Recht habe der MAD das "absurde Ansinnen" abgelehnt.

Der Abteilungsleiter sei inzwischen seinen Postens enthoben, betonte von der Leyen. Tatsächlich hatte sie ihn im Februar 2014 zeitgleich mit dem damaligen Rüstungs-Staatssekretär wegen allgemeiner Unzufriedenheit von seiner Aufgabe entbunden.

MAD sollte kritische Berichte stoppen

Nach Medienberichten wollte Heckler&Koch erreichen, dass der MAD kritische Berichte von Journalisten stoppt, indem der Geheimdienst die Informationsquellen im Ministerium ausfindig macht. Der MAD ist der Geheimdienst der Bundeswehr, er soll eigentlich vor allem verhindern, dass sich extremistische und sicherheitsgefährdende Strömungen in den Streitkräften ausbreiten können.

Nach einem Bericht von "Spiegel Online" lag der Bericht über diese Vorgänge von der Leyen bereits im März 2014 vor, blieb aber folgenlos. Von der Leyen erklärte dazu, es müsse aufgearbeitet werden "wie die Informationen über diese Vorkommnisse in meinem Büro gehandhabt wurden". Ausdrücklich drohte sie mit "strukturellen und personellen Konsequenzen".

Die Vorlage trägt die Abzeichnung "lag vor". Nach Angaben des Ministeriums bedeutet dies, dass nicht die Ministerin persönlich, sondern der zuständige Referent das Papier zur Kenntnis nahm. Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger sagte, dies sei "keine Entschuldigung, sondern das ist eine faule Ausrede". Von der Leyen habe bei der versprochenen Aufklärung "versagt". Brugger und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Dafür müsste der Verteidigungsausschuss in einen Untersuchungsausschuss umgewandelt werden, wofür die Stimmen von Linken und Grünen ausreichend sind. Die Linke zögerte allerdings. Es mache "keinen Sinn, jetzt ein Jahr oder noch länger über ein altes Gewehr zu reden", erklärte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. Er wolle nun mit den Grünen über Auftrag und Fragenkatalog für einen möglichen Untersuchungsausschuss reden. Wichtig seien "wenige Sitzungstage" und eine "begrenzte Zahl von Zeugen".

Bislang vor allem de Maizière in Affäre belastet

Während von der Leyen demonstrativ gelassen auf die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses reagierte, zeigte sich der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn empört: Die Forderung der Grünen diene "ausschließlich der eigenen parteipolitischen Profilierung".

Die Bundeswehr verfügt über rund 170.000 Stück der Waffe, die vor knapp zwanzig Jahren eingeführt worden war. Bislang war vor allem der frühere Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in der Affäre belastet worden, weil er trotz jahrelanger Kritik und diversen Gutachten zum G36 nichts unternahm. Nach Expertenanalysen trifft das Gewehr bei hohen Außentemperaturen oder vielen Schüssen schlecht.

(AFP)
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