Medienbericht G36 war schon bei Erprobung "nicht truppenverwendbar"

Mainz · Das Standardgewehr der deutschen Soldaten, das G36, soll einem Medienbericht zufolge schon vor Einführung bei der Bundeswehr technische Probleme gehabt haben. Demnach waren die Probleme des Gewehrs, das bei Hitze nicht treffsicher schießt, schon 1994 festgestellt worden.

G36 Gewehr war laut Medienbericht schon bei Erprobung nicht truppenverwendbar
Foto: dpa, wok vfd bwe

Das berichtet der ehemalige Waffenkontrolleur des Beschaffungsamtes der Bundeswehr (BWB), Dieter Jungbluth, in der Ausgabe des ZDF-Magazins "Frontal 21", das am Dienstagabend um 21 Uhr ausgestrahlt werden soll. "Schon im Erprobungsbericht von 1994 habe ich festgestellt, dass die Waffe nach nur 30 Schuss wegen der Temperatur ein erhebliches Problem bei der Treffsicherheit hat."

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Foto: Bundeswehr

Bei seinen Recherchen stieß Jungbluth damals auf weitere Schwachstellen des von Heckler & Koch hergestellten Gewehres: "Das Kunststoffgehäuse nimmt nach vier Jahren Feuchtigkeit auf, dadurch quillt es auf und verliert an Präzision." Zudem habe es Probleme mit dem Sicherheitsmanöverpatronengerät gegeben, so Jungbluth weiter. "Es ist gerissen, hat sich von der Mündung gelöst und ist den Soldaten um die Ohren geflogen. Dadurch besteht sogar Lebensgefahr."

G36 "nicht truppenverwendbar"

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Foto: AP/Efrem Lukatsky

Das G36 war in einem ersten Vergleichstest, ebenfalls im Jahr 1994, als "nicht truppenverwendbar" bezeichnet worden. Testsieger wurde damals das Konkurrenzgewehr Steyr AUG aus Österreich mit dem Prädikat "truppenverwendbar". Die Beschaffer der Bundeswehr entschieden sich dennoch für das G36 und kauften bis heute rund 180.000 Gewehre dieses Typs.

Auf Nachfrage von "Frontal 21" erklärt Heckler & Koch, dass sich der hier zitierte Bericht auf einen Vorserien-Konstruktionsstand des HK50/G36 beziehe und nicht auf das von der Bundeswehr schließlich angeschaffte Sturmgewehr G36. Die damals geäußerten Beanstandungen bezögen sich primär auf ergonomische Aspekte und andere technische Detailmerkmale, die dann beim tatsächlich eingeführten Serien-Konstruktionsstand abgestellt beziehungsweise bereits berücksichtigt worden seien.

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Waffenexperte Jungbluth: "Ich wurde gemobbt"

Michael Engesser, Geschäftsführer des Waffenherstellers Steyr Mannlicher, kritisiert dagegen die Entscheidung der Bundeswehr für das G36: "Wir haben mit einer vollfunktionsfähigen Waffe nach meinen Erfahrungen die Ausschreibung gewonnen und sind trotzdem vermutlich aus wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten nicht zum Zug gekommen", erklärt Engesser gegenüber "Frontal 21". "Das kann nicht mit rechten Dingen zugegangen sein", kommentiert Jan van Aken, Verteidigungspolitiker der Linken, den Vorgang: "Ich glaube, schon damals war im Ministerium eine Art Seilschaft am Werk."

Der Waffenexperte Dieter Jungbluth erhebt schwere Vorwürfe gegen seine damaligen Vorgesetzten: "Man hat mich gemobbt und wollte mich für verrückt erklären lassen." Der Beamte wurde 2012 gegen seinen Willen in den Vorruhestand versetzt. Jungbluth klagt nun auf entgangene Bezüge und fordert eine Entschuldigung vom Dienstherrn, nachdem auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Probleme mit dem G36 eingeräumt hat. "Ich erwarte, dass meine Rehabilitierung durch die Ministerin korrekt erfolgt und damit mein Ansehen und meine Reputation wieder hergestellt wird."

(ots)
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