Energiewende Gabriel will Kohle-Kraftwerke vorerst am Netz halten

Berlin · Klare Worte vom Bundeswirtschaftsminister: Sigmar Gabriel (SPD) will trotz des gefährdeten deutschen Klimaschutzziels grundsätzlich an Kohlekraftwerken festhalten.

Das ist Sigmar Gabriel
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"Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen. Wer das will, sorgt für explodierende Stromkosten, Versorgungsunsicherheit und die Abwanderung großer Teile der deutschen Industrie", warnt Gabriel in einem Strategiepapier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darin erklärt er es für töricht, bei der Energiewende erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke gegeneinander auszuspielen.

SPD-Chef Gabriel stellt sich damit gegen seine Parteifreundin, Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Sie will alte Kohlemeiler einmotten, um das deutsche Ziel noch zu schaffen. Geplant war bisher, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Auch die Grünen wollen alte Kohlekraftwerke abschalten.

Gabriel sieht keinen Konflikt mit Hendricks: Sie habe recht, dass wegen enormer Überkapazitäten in Europa auch Kohlekraftwerke Schritt für Schritt vom Netz gehen würden. "Ich bin allerdings sicher, dass die Frage, welche Kraftwerke am Netz bleiben und welche stillgelegt werden, die Unternehmen entscheiden sollten und nicht der Staat."

Durch die Stilllegung deutscher Kohlekraftwerke würde in Europa nicht eine Tonne Kohlendioxid (CO2) für den Klimaschutz eingespart, weil die dafür benötigten Zertifikate einfach zu einem anderen Kraftwerk wanderten. Deshalb müssten noch mehr Verschmutzungsrechte aus dem Markt genommen werden, um den europäischen Emissionshandel zu retten.

Gespräche mit Vattenfall

Gabriel will zudem mit Schwedens neuem Regierungschef Stefan Löfven über die Pläne des Vattenfall-Konzerns zum Verkauf seiner deutschen Braunkohle-Aktivitäten sprechen. In einem Reuters am Dienstag vorliegenden Papier kündigt der Minister Gespräche mit Löfven in Stockholm an. Gabriel erinnert in dem Papier Vattenfall an profitable Geschäfte in der Vergangenheit in Deutschland und leitet daraus eine besondere Verantwortung des staatlichen Energiekonzerns für Arbeitplätze sowie "eine sichere und bezahlbare Energieversorgung in Deutschland" ab. "Ich bin sicher, dass sich die schwedische Regierung und Stefan Löfven ihrer Verantwortung bewusst sind", heißt es in dem Papier.

Gabriel plädiert dafür, alle energiepolitischen Aktivitäten von Vattenfall in Deutschland - die Wasserkraft, den Braunkohletagebau wie auch die Stromerzeugung - in einer Hand zu belassen. "Eine Zerschlagung dieses Verbunds würde die Sicherung der Beschäftigung und der Zukunftsfähigkeit der Unternehmensbestandteile ebenso gefährden wie überzogene Preisvorstellungen", schrieb Gabriel. Der Minister warnte, Fehlinvestitionen des Vattenfall-Managements in anderen Ländern mit hohen Verlusten dürften nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer und Stromkunden in Deutschland abgeladen werden. Vattenfall hatte signalisiert, sich von seinem deutschen Braunkohlegeschäft verabschieden zu wollen. Der Versorger kündigte kürzlich an, Möglichkeiten für eine "nachhaltige und neue Eigentümerstruktur" zu prüfen.

(dpa/REU)
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