Kommender Bundespräsident? Steinmeier ist Merkels Lieblingssozi

Berlin · Ihren Außenminister hat die Kanzlerin immer geschätzt. Zu keinem anderen SPD-Minister hat sie ein solches Vertrauensverhältnis. Jetzt könnte Frank-Walter Steinmeier der kommende Bundespräsident werden.

 Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier im November 2015 während der Haushaltsdebatte des Bundestags.

Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier im November 2015 während der Haushaltsdebatte des Bundestags.

Foto: dpa

CDU-Generalsekretär Peter Tauber wollte am Montag nach der Präsidiumssitzung seiner Partei am liebsten gar nichts zum Thema Bundespräsidentenwahl sagen. "Wir folgen dem Ziel, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden", sagte Tauber. Die Frage, ob er es ausschließe, dass dieser gemeinsame Kandidat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sein wird, verneinte der Generalsekretär.

Union bewegt sich Richtung Steinmeier

Diese sprachliche Feinheit darf als vorsichtige Bewegung der Union in Richtung Steinmeier gewertet werden. Denn bislang galt die Ansage, die Kanzlerin wolle keinen aktiven SPD-Politiker in der Bundesversammlung aufstellen. Dabei ist gerade Frank-Walter Steinmeier Merkels Lieblingssozi. Sie schätzt seine zuverlässige und besonnene Art. Als die beiden im Wahlkampf 2009 gegeneinander antraten, geriet das TV-Duell eher zum TV-Duett. In der Debatte lobte die Kanzlerin ihren Herausforderer für dessen Engagement bei der Rettung des angeschlagenen Opel-Konzerns.

Als Bundespräsidenten will sie ihn im Bundestagswahljahr allerdings bislang aus parteipolitischen Gründen nicht unterstützen. Nachdem ein Treffen von CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Merkel am Sonntag ohne Ergebnis zu Ende gegangen ist, wollen sich die drei Parteichefs am Freitag erneut treffen.

Es könnte aber noch Bewegung in die Sache kommen: Im CDU-Präsidium herrschte Ernüchterung über die Kandidaten-Suche. "Schade, dass Norbert Lammert nicht zur Verfügung steht", bedauerte ein Präside. Der anwesende Bundestagspräsident widersprach dem nicht.

Was ist mit Norbert Lammert?

Die Präsidiumsmitglieder benannten gestern während ihrer Sitzung drei Optionen für die CDU in der Präsidenten-Frage. So könne man tatsächlich Steinmeier unterstützen, sagte ein Teilnehmer. Die Bereitschaft, dies zu tun, sei in der Union aber "übersichtlich". Sollte es der Union zweitens nicht gelingen, einen anderen gemeinsamen Kandidaten mit der SPD zu finden, könne man drittens nach einem Kandidaten suchen, den auch die Grünen und die FDP mitwählen können.

Von den vielen Namen, die bereits genannt wurden, erscheint bislang aber keiner aussichtsreich. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) war schon eine Stunde vor Beginn der Präsidiumssitzung ins Adenauer-Haus geeilt. Gesprächsbedarf für eine mögliche Kandidatur? Es sei um die saarländische Landtagswahl im März nächsten Jahres gegangen, betonte Tauber hinterher. Als Kampfkandidatin gegen Steinmeier wird sie nicht zur Verfügung stehen wollen. Die Gefahr, dass sie es nicht wird, wäre groß - zudem wäre das Saarland für die CDU dann wohl so oder so verloren. Immer wieder genannt wird auch Verteidigungsminister Ursula von der Leyen (CDU). In ihrem Umfeld heißt es mit Verweis auf ihre Erfahrungen von 2010, als sie tagelang als sichere Kandidatin für Schloss Bellevue gehandelt wurde, dies sei "Quatsch".

Die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Volker Bouffier (CDU) gelten noch als mögliche schwarz-grüne Kandidaten. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der auch immer wieder genannt wird, hat hingegen weder in der SPD noch bei den Grünen genug Freunde. Da man mit einem evangelischen Theologen im Schloss Bellevue so gute Erfahrungen gemacht hat, gilt auch der SPD-nahe frühere Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Wolfgang Huber, als möglicher Kandidat.

Ministerduell 2017 denkbar

Viele Sozialdemokraten sind bereits am Ende ihrer Geduld, was die Kandidatensuche betrifft. "Die SPD sollte jetzt nicht länger offen für einen anderen Koalitionskandidaten sein, sondern in der Union weiter für Frank-Walter Steinmeier werben. Einen anderen Kandidaten gibt es für die SPD nicht", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs. Steinmeier sei unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit der beste Kandidat. Er hoffe, es gehe um Qualität und nicht um Partei-, Koalitions- oder sonstigen Proporz.

Dass der kleinere Koalitionspartner bei der Bundespräsidentenwahl seinen Kandidaten durchsetzen kann, ist in der Geschichte der Bundesrepublik nicht ungewöhnlich. Sogar Joachim Gauck gelangte durch die Festlegung der FDP ins Schloss Bellevue. 1974 machte die SPD den Weg frei für den Liberalen Walter Scheel. In einer großen Koalition gab es auch schon den Fall, dass beide Regierungsparteien je einen Kandidaten nominierten. So 1969 - damals stellte die Union Verteidigungsminister Gerhard Schröder auf, während die SPD ihren Justizminister Gustav Heinemann ins Rennen schickte. Ein erneutes Ministerduell wäre 2017 denkbar.

(RP)
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