Stoiber und Merkel bei Buchvorstellung Gemeinsamer Auftritt einstiger Konkurrenten

Berlin · Sie machten es sich nie leicht miteinander, CDU-Chefin Angela Merkel und der damalige CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber. Und einig sind sie sich auch an diesem Dienstag nicht, als die aktive Bundeskanzlerin das Erfahrungs- und Perspektiven-Buch ("Weil die Welt sich ändert) des formal inaktiven Duzfreundes vorstellt.

 Angela Merkel und Edmund Stoiber präsentieren gemeinsam das neue Buch des alten CSU-Politikers.

Angela Merkel und Edmund Stoiber präsentieren gemeinsam das neue Buch des alten CSU-Politikers.

Foto: dapd, Axel Schmidt

Stoibers Plädoyer für längere Amtszeiten von fünf oder sechs statt derzeit vier Jahren für Kanzler und Parlament schließt sie sich ausdrücklich nicht an. Da müssten gleichzeitig auch mehr Plebiszite dazukommen. Und auch das für beider Leben entscheidende Frühstück in Wolfratshausen, bei dem Merkel Stoiber die 2002er Kanzlerkandidatur antrug, hat sie in Nuancen anders in Erinnerung, als er es beschreibt.

Aber es gibt die gegenseitige Hochachtung. Stoiber, aus seiner Zeit als bayerischer Ministerpräsident stets als "Aktenfresser" bekannt, rühmt, wie gut Merkel immer im Bild war. "Ich lese gerne Akten", erklärt Merkel. Sie denkt zudem — angesichts der aktuellen Dauerkrisen in der uneinigen Koalition — offenbar wehmütig an Stoibers Bestehen auf präziser Dokumentation von Einigungen zurück. Und im beinharten Streit um die Gesundheitsprämie hebt Stoiber hervor, wie nah die Schwesterparteien einem endgültigen Bruch waren.

Legendäre Debatten

Auch Merkel hat wieder das stundenlange Ringen vor Augen — "der Höhepunkt unseres geistigen Austausches". Sie habe "rational zu hundert Prozent Recht" gehabt, Stoiber aber mehr Erfahrung eingebracht, welche Konzepte politisch durchsetzbar seien. Ihr Resümee: Es gebe in ihrem Leben nicht viele Menschen, mit denen sie so offen, so hart, aber am Ende auch "nicht unversöhnlich" habe ringen können.

Was Merkel aus der Lektüre von Stoibers Buch hat lernen können? Insbesondere das Euro-Kapitel des einstigen Euro-Skeptikers hat es der Kanzlerin angetan. Wie klar Stoiber die möglichen Szenarien entwickelt habe und wie leidenschaftlich er Ja zur Zukunft des Euro sage, das sei "erstaunlich". Es klingt, als wolle sie der aktuellen CSU-Führungsriege genau diese Passagen zur Lektüre empfehlen.

Stoiber gibt nicht nach

Für Stoiber beginnt jeder Tag weiterhin um sechs Uhr früh. Schließlich habe er noch "eine Menge Verpflichtungen". Verwaltungsräte, Aufsichtsräte, Beiräte. Er könne "nur ein Prozent der Einladungen annehmen, die aus Deutschland und Europa an mich gerichtet werden". Dennoch ist Stoiber fast sieben Jahre nach seinem Sturz ruhiger geworden. Nicht einmal im Ansatz liefert er Sätze wie die legendäre Flughafen-Bahnhof-Ansprache. Und die Ähs sind auch weg.

Edmund Stoiber: Weil die Welt sich ändert. Siedler, 320 S, 22,90 EUR

(sap)
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