Generaldebatte in Berlin Grüne bezeichnen Regierung als "Koalition des Chaos"

Berlin · Die Grünen haben der Bundesregierung in der Generaldebatte zum Haushalt Versagen vorgeworfen. "Diese Koalition ist eine Koalition des Chaos - jeder gegen jeden", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt am Mittwoch in Berlin.

 Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, spricht bei der Generaldebatte im Bundestag.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, spricht bei der Generaldebatte im Bundestag.

Foto: dpa, pgr

Besonders kritisierte sie die Querschüsse von CSU-Parteichef Horst Seehofer in der Flüchtlingspolitik: "Wer die Populisten stärken will, macht es einfach weiter wie Herr Seehofer." Göring-Eckardt warf CDU und CSU vor, mit ihren Vorschlägen zur Inneren Sicherheit Ängste zu schüren. "Sie führen Symboldebatten um Hamsterkäufe und Bekleidungsverbote", sagte sie mit Blick auf das unter Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erarbeitete Zivilschutzkonzept und die Unionsforderungen nach einem Burkaverbot. Die wirklichen Probleme, etwa die Zunahme der Gewalt gegen Flüchtlinge oder die lange Dauer der Asylverfahren, würden ausgeblendet.

Göring-Eckardt prangert Umgang mit Armenien-Resolution an

Scharf ging die Grünen-Fraktionschefin mit der Flüchtlingspolitik der großen Koalition in die Kritik. In ihrem Integrationsgesetz begegne die Regierung den Flüchtlingen mit "Argwohn und Misstrauen" und tue so, als ob sich diese gar nicht integrieren wollten.

Außerdem prangerte Göring-Eckardt den Umgang der Bundesregierung mit der Armenien-Resolution des Bundestages an. Die "Relativierung" der Resolution sei ein "Kriechen" vor dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, sagte sie. An dem Völkermord im Osmanischen Reich an den Armeniern sowie einer deutschen Mitverantwortung "gibt es nichts zu deuten".

Deutschen Parlamentariern war nach der Verabschiedung der Armenien-Resolution Anfang Juni der Besuch von Bundeswehr-Soldaten an dem Stützpunkt Incirlik in der Türkei verweigert worden. Die Bundesregierung hatte kürzlich mit ihrem Hinweis, dass die Resolution nicht juristisch bindend sei, zu einer Besänftigung der türkischen Regierung beigetragen. Ankara weist die Darstellung, es habe sich bei den Massakern an Armeniern und anderen christlichen Minderheiten um einen Völkermord gehandelt, vehement zurück.

In der Debatte um Steuersenkungen rief Göring-Eckardt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, nicht mit der Gießkanne zu entlasten, sondern sich auf Familien und Menschen mit kleinen Einkommen zu konzentrieren. Die von der Bundesregierung eingeführte Prämie zum Kauf von Elektroautos nannte sie einen "Rohrkrepierer" und kritisierte eine Bevorzugung der klassischen Autoindustrie: "Wir subventionieren weiter fossile Kraftstoffe und Spritschlucker."

Kauder: "Sind kein Gottesstaat und wollen's auch nicht werden"

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat derweil zu mehr Redlichkeit in der Debatte über die Flüchtlingspolitik und den Umgang mit der AfD aufgerufen. Es werde nur gelingen, die AfD aus den Parlamenten herauszuhalten, "wenn wir zwar in der Sache bei unterschiedlichen Auffassungen tatsächlich miteinander um den besten Weg ringen und diskutieren. Aber es wird nicht gelingen, wenn wir uns gegenseitig Vorhaltungen machen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen", sagte der CDU-Politiker.

Vor dem Hintergrund der Diskussion über das Erstarken der AfD sagte Kauder, die Menschen machten die Erfahrung, dass bei der Integration nicht alles richtig funktioniere. So bewege sich auch die Religionsfreiheit auf dem Boden des Grundgesetzes. "Das gilt für alle. Wir sind kein Gottesstaat und wir wollen's auch nicht werden", rief der CDU-Politiker. Jene, die den weltanschaulich neutralen Staat in Gerichten oder an Schulen verträten, seien gehalten, diese Neutralität zu zeigen. "Deswegen haben in solchen Funktionen Kopftuch und andere Religionsbezeugungen keinen Platz."

CDU, CSU und SPD rate er, "dass wir das letzte Jahr dieser großen Koalition auch als Beweis dafür bringen, dass wir in der Lage sind, diesem Land eine gute Regierung zu stellen". Offenkundig auch angesichts jüngster Blockadevorwürfe von SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Flüchtlingspolitik verlangte Kauder, die Koalition dürfe "nicht Anlass geben, dass draußen in unserem Land Menschen sagen, die leisten sich nur noch Diskussionen und darin geht unter, was wir machen: eine gute Arbeit, um unser Land voranzubringen".

(sb/afp)
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