Alternative zur Babyklappe Gesetzentwurf für vertrauliche Geburt verabschiedet

Berlin · Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der es schwangeren Frauen ermöglichen soll, ihr Kind anonym entbinden zu lassen. Die Reaktionen auf die geplante Neuregelung fallen zwiespältig aus.

Das Kabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt auf den Weg gebracht. Nach dem Entwurf sollen Schwangere ihr Kind anonym entbinden können, diesem aber zugleich ermöglichen, seine Herkunft ab dem 16. Lebensjahr einzusehen. Diese Herkunftsurkunde wird in einem nur dem Kind zugänglichen Umschlag aufbewahrt. Bislang befinden sich die Angebote zur anonymen Geburt und die Babyklappen in einer rechtlichen Grauzone. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts hatte Missstände bei Betreibern von Babyklappen beklagt.

Mi dem neuen Gesetz soll die Praxis der heimlichen Geburt abseits des Krankenhauses vermieden und das Aussetzen oder gar die Tötung von Babys verhindert werden. Das Gesetz soll laut Entwurf erst im Mai des kommenden Jahres in Kraft treten. Der Zeitraum sei erforderlich, um die Qualifizierung von Beratungsfachkräften und die elektronische Umstellung beim Geburtenregister zu ermöglichen. Zudem solle ein bundesweiter Notruf für Frauen in Notsituationen eingerichtet werden. Es gehe darum, den medizinischen und rechtlichen Schutz von Babys und Müttern zu verbessern und Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen.

"Sensible Güterabwägung" war nötig

Zugleich bleiben danach die Möglichkeiten zur anonymen Geburt ohne Hinterlegung der Herkunftsdaten sowie zur Abgabe des Kindes in einer der vorhandenen Babyklappen vorerst erhalten. Der Entwurf sieht eine Überprüfung des Gesetzes vor. So solle die Auswirkungen der neuen Hilfen auf die bisherigen Angebote untersucht werden. Auch die Standards der Babyklappen sollen evaluiert werden.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) erklärte, es habe eine "sensible Güterabwägung" stattgefunden. Das Recht des Kindes auf seine Herkunft wiege schwer, so Schröder. Zugleich gebe es Frauen in Notsituationen, die anonym bleiben wollten. Erstmals sei mit dem Gesetzentwurf ein legaler Weg gefunden, Frauen anonym entbinden zu können.

Ethikrat fordert weitere Nachbesserungen

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, begrüßte den Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt. Zugleich forderte sie Nachbesserungen. Die gesetzliche Regelung, die auf Schwangere ziele, die ihr Kind nicht behalten und ihren Namen nicht preisgeben wollen, halte sie für ein niedrigschwelliges Angebot. "Die ausdrückliche Billigung der bestehenden Angebote von Babyklappen und anonymer Geburt halte ich aber für schädlich und sogar widersprüchlich", ergänzte Woopen.

Die Caritas betonte, es sei gut, dass durch das Gesetz sowohl die Notlage der Frau gesehen und ihrem Wunsch nach Vertraulichkeit Rechnung getragen werde als auch dem Recht des Kindes auf Kenntnis der Herkunft entsprochen werde. Für die Entwicklung und Identität eines Kindes sei das Wissen um die eigene Herkunft sehr wichtig, so Caritas-Präsident Peter Neher. Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)betonte, der in dem Gesetz angelegte Beratungsprozess ebne häufig den Weg zu weiteren Unterstützungsangeboten und lasse anonyme Geburt und Babyklappe überflüssig werden.

Kritik von Kinderhilfsorganisation

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Caren Marks erklärte, es sei "inkonsequent und inakzeptabel", dass weiterhin die anonyme Geburt in Kliniken und das Betreiben der Babyklappen ungeregelt bleiben solle.
Damit werde eine rechtliche Grauzone akzeptiert und das verfassungsrechtlich garantierte Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung unterlaufen.

Bereits am Dienstag hatte sich terre des hommes geäußert. Die Kinderhilfsorganisation kritisierte den Entwurf als unzureichend. Es sei nicht einzusehen, warum Babyklappen und die Einrichtungen der anonymen Geburt laut Entwurf weiter geduldet würden, erklärte das Hilfswerk in Osnabrück. Für Babyklappen gebe es keine gesetzliche Grundlage; die anonyme Geburt verstoße sogar gegen geltendes Recht.

(KNA/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort