Gesetzentwurf der Bundesregierung Finanzminister Schäuble will EU-Ausländern Kindergeld kürzen

Berlin · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will das Kindergeld für EU-Ausländer deutlich kürzen und so gegen Sozialmissbrauch vorgehen. Das geht aus am Freitag bekanntgewordenen Eckpunkten für einen Gesetzentwurf hervor.

 Beim Thema Kindergeldkürzung für EU-Ausländer sind sich Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel einig.

Beim Thema Kindergeldkürzung für EU-Ausländer sind sich Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel einig.

Foto: dpa, wk sab ink

Bisher haben EU-Ausländer für die Dauer ihres Arbeitsaufenthalts in Deutschland Anspruch auf Kindergeld - auch wenn der Nachwuchs in einem anderen Land lebt. Die geplante Neuregelung sieht nun vor, dass sich statt des vollen Kindergeld-Satzes die Leistung künftig an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten im Heimatland der Kinder orientieren soll. Das geht aus den Eckpunkten hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen und über die zuvor die "Bild"-Zeitung berichtete.

Ein in Deutschland lebender polnischer Staatsbürger würde dann für sein in Polen lebendes Kind nur noch die Hälfte des Kindergeldes erhalten: monatlich 96 Euro statt 192 Euro. Gleiches gilt für Kinder, die in Rumänien, Bulgarien und Kroatien leben.

Die geplante Anpassung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass zuvor das Europarecht entsprechend geöffnet wird. Im Dezember hatte die EU-Kommission eine Änderung des europäischen Rechts abgelehnt. Die Bundesregierung pocht nun auf eine Initiative Brüssels.

Mit der Neureglung würde der deutsche Staat jährlich etwa 159 Millionen Euro einsparen. Zuvor hatte sich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel dafür ausgesprochen, dass sich die Höhe des Kindergelds am Preisniveau jenes Landes orientiert, in dem sich das jeweilige Kind aufhält.

Er hatte dies mit dem Verweis auf die Machenschaften von Schlepperbanden begründet. Diese würden Schrottimmobilien in Städten aufkaufen und an EU-Bürger vermieten - vor allem an Rumänen und Bulgaren. Das Kindergeld für nicht mitgenommene Kinder werde dann von Menschenhändlern kassiert.

Zuletzt gab es nach Angaben des Finanzministeriums 184 655 solcher Fälle - die meisten EU-Ausländer kamen aus Polen (86 987), gefolgt von Rumänien (15 310), Kroatien (11 865) und Bulgarien (5555).
Aktuell beträgt das Kindergeld für die ersten beiden Kinder monatlich je 192 Euro, für das dritte Kind 198 Euro. Ab Kind Nummer vier gibt es jeweils 223 Euro. Mit der geplanten Anpassung an die Preise im Heimatland ergeben sich je 96, 99 und 111,5 Euro.

Einen Kindergeldanspruch haben auch EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten oder wohnen. Nach geltendem Europarecht macht es für die Höhe des Kindergeldes keinen Unterschied, ob ein Kind in Deutschland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat lebt. Kindergeld ist in voller Höhe auch für Kinder zu zahlen, deren Wohnsitz sich in einem anderen Mitgliedstaat mit geringeren Lebenshaltungskosten befindet.

Eine neue Kindergeldregelung für EU-Ausländer in Deutschland wird schon länger ausgelotet. Neben der Anpassung an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzland des Kindes soll es nun dem Bundeszentralamt für Steuern erlaubt sein, vorliegende Erkenntnisse zu Bürgern, die aus dem Melderegister abgemeldet wurden, schneller als bisher den Familienkassen mitzuteilen. Damit soll früher vermieden werden, dass zuviel Kindergeld gezahlt wird.

Auch soll die Rückwirkung eines Kindergeldantrags auf sechs Monate begrenzt werden. Nach geltendem Recht ist es möglich, Kindergeld bis zu vier Jahre nachträglich zu beantragen. Erfahrungsgemäß wird laut Bundesfinanzministerium Kindergeld zeitnah beantragt, so dass ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten nicht erforderlich sei.

Eine Änderung des europäischen Rechts hatte die EU-Kommission zuletzt noch abgelehnt. Im Februar 2016 hatten die Staats- und Regierungschefs aber für den Fall des Verbleibs Großbritanniens in der EU vereinbart, eine Differenzierung des Kindergelds für Bürger eines anderen Mitgliedstaates zuzulassen. Aus Sicht der Bundesregierung sollte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung vorlegen. Nach dem Brexit-Votum für einen EU-Austritt Großbritanniens hatte sie dies aber nicht getan. Die Bundesregierung pocht daher auf eine geänderte EU-Verordnung zum Kindergeld.

(maxk/dpa)
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