Studie des Kriminologen Pfeiffer Für die hohe Kriminalitätsrate bei Flüchtlingen gibt es viele Gründe

Berlin · Sind Zuwanderer krimineller als schon länger in Deutschland lebende Ausländer und Deutsche? Eine Studie legt nahe, dass vor allem junge Männer aus Nordafrika eine auffällige Gruppe sind. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich.

 Flüchtlinge stehen vor dem Amt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) in Berlin. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 2016.

Flüchtlinge stehen vor dem Amt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) in Berlin. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 2016.

Foto: dpa, mkx axs fux

Es lohnt sich genau hinzuschauen.

In Deutschland macht sich beim Thema Gewalt eine neue Entwicklung breit. Während zwischen 2007 und 2015 die Zahl der Gewalttäter in jugendlichem Alter um mehr als die Hälfte gesunken ist, steigt sie nach einer niedersächsischen Studie seit zwei Jahren wieder an. Verantwortlich dafür ist eine kleine Gruppe von Flüchtlingen - vor allem jene aus den nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. In diesem Punkt decken sich die Daten der landesweit erhobenen Studie, die der Kriminologe Christian Pfeiffer im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt hat, mit den Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes.

Pfeiffer und seine Co-Autoren führen eine Reihe von Gründen an, warum die Gewaltdelikte in der Mehrheitsgesellschaft gesunken sind: Eine bessere Schulbildung der Jugendlichen, die immer häufiger gewaltfreie Erziehung der Kinder, emotionale Zuwendung für die Heranwachsenden und auch ein Rückgang des Alkoholkonsums bei jungen Menschen zählen dazu. Die Jugendlichen untereinander verstärken die positiven Effekte: Wer keine Freunde hat, die zu Gewalt neigen, kommt auch selbst weniger in Versuchung.

Dies liegt unter anderem daran, dass mehrheitlich junge Männer nach Deutschland geflohen sind. Die höchste Kriminalitätsrate bei Gewalt- und Sexualdelikten haben überall auf der Welt junge Männer. Die Flüchtlinge in Deutschland stammen zudem überwiegend "aus muslimischen Ländern, die von männlicher Dominanz geprägt sind", wie es in der Studie von Pfeiffer heißt. Zuwanderer aus diesen Kulturen hätten sogenannte gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen in weit höherem Maß verinnerlicht als gleichaltrige Deutsche.

Eine genaue Bestimmung des Alters wäre hilfreich. Wer volljährig ist und straffällig wird, kann abgeschoben werden. Auch das Strafmaß ist bei Erwachsenen höher. Erwachsene Flüchtlinge landen zudem in einem anderen Umfeld als Jugendliche. Auch vor dem Hintergrund, dass es schon mehrere Mordfälle gibt, für die Flüchtlinge mit unklarem Alter verantwortlich gemacht werden, wäre eine Altersbestimmung notwendig. Allerdings ist es nicht ganz einfach, das genaue Geburtsjahr exakt zu bestimmen. Während sich die saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) in Zweifelsfällen für eine ärztliche Untersuchung aussprechen, meldet die Ärzteschaft Bedenken an. Das Röntgen des Handgelenks ohne medizinische Notwendigkeit sei "ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit", sagt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery.

Die Autoren der Studie sehen einen Zusammenhang mit dem Aufenthaltsstatus: "Wer als Kriegsflüchtling kommt oder aus anderen Gründen für sich gute Chancen sieht, in Deutschland bleiben zu dürfen, wird bemüht sein, diese Aussichten nicht durch Straftaten zu gefährden", heißt es in der Studie.

Ja. Dies ist ein zentraler Befund der Gewalt-Studie. Demnach ist die Anzeigenbereitschaft der Opfer von Gewalttaten etwa doppelt so hoch, wenn Opfer und Täter sich vor dem Geschehen noch nie begegnet sind oder wenn sie verschiedenen ethnischen Gruppen angehören. Die Gewalttaten von Flüchtlingen würden etwa doppelt so häufig angezeigt wie die von deutschen Tätern.

Die Experten sind der Meinung, dass Frauen eine zivilisierenden Einfluss auf Söhne und Ehemänner haben. Doch vor dem Hintergrund, dass die Gewalttäter unter den Flüchtlingen aus bestimmen Staaten kommen, scheint die Ursache der Gewalt eher nicht in der An- oder Abwesenheit von Frauen zu liegen. Die in Berlin lebenden kriminellen arabischen Familienclans zeigen sogar, dass ein starker familiärer Zusammenhalt Kriminalität noch befördern kann. Es kommt bei dieser Frage wohl sehr auf die individuelle Konstellation an.

In den Mordfällen, die sich ereignet haben, kommen die Opfer zu mehr als 90 Prozent aus den eigenen Kreisen. In der Regel liegen religiöse, familiäre oder ethnische Konflikte in den Flüchtlingsunterkünften zu Grunde. Bei Raubdelikten hingegen sind zu 70 Prozent Deutsche die Leidtragenden.

(qua)
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