Atommüll-Endlager Gorleben wird weiter erkundet

Hamburg/Gorleben (RPO). Der Republik droht neuer Streit um Atommüll: Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) wird das geplante Atommüll-Endlager Gorleben laut einem Medienbericht weiter erkunden lassen. Umweltschützer und Grüne reagierten mit scharfer Kritik auf die Pläne und kündigten heftige Proteste auf der Straße an.

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Foto: AP

Der Beschluss sei in der vergangenen Woche gefasst worden, berichtete das Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Damit ende demnächst ein zehnjähriges Moratorium, das die rot-grüne Bundesregierung ausgesprochen hatte. Eine Ministeriumssprecherin wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Der Minister werde die Pläne zur Zukunft des Salzstocks am Montag vorstellen.

Röttgen will nach Angaben der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" am Montag ebenso bekanntgeben, dass vorerst keine weiteren Standorte untersucht werden. Der Minister werde in Sachen Atommüllendlager deswegen aktiv, weil der Rahmenbetriebsplan für die Arbeiten in Gorleben Ende September auslaufe und das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz bis Ende März einen neuen Plan beantragen müsse. Erst wenn dieser zugelassen sei, könne die Erkundung fortgesetzt werden.

Für die Erkundung wird laut "Spiegel" das alte Bergrecht gelten und nicht das von Gegnern des Endlagers geforderte Atomrecht, das eine breitere Bürgerbeteiligung vorsieht. Das Ministerium verspreche aber "von sofort an Transparenz und eine offene Informationspolitik", hieß es weiter. So werde beispielsweise eine "internationale Kommission" die Arbeiten begleiten. Komme die "ergebnisoffene" Erkundung zu einem positiven Befund, werde ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren eingeleitet.

Künast: "Röttgen lässt die Maske fallen"

Umweltschützer kritisierten umgehend die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben als Atommüll-Endlager. Laut der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast lässt Röttgen "die Maske fallen". Der Bundesumweltminister wolle die Erkundung auf der Grundlage völlig überalterten Rechts fortsetzen. Damit knüpfe er direkt an die unselige Tradition früherer schwarz-gelber Regierungen an, die die Menschen in der Region Gorleben mit Tricks und gezielten Manipulationen für dumm verkauft hätten, sagte Künast. Die Interessen der Atomindustrie seien Rötten wichtiger als die Sicherheit und Gesundheit der Menschen. Das Endlagerproblem könne nur durch einen Neuanfang gelöst werden.

Aus Sicht der atompolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, hat sich Röttgen "für die schlechteste aller Optionen entschieden". Das "antiquierte Bergrecht" biete Anwohnern und Bürgern keine Mitwirkungsrechte. Stattdessen würden sie mit einer "Placebo-Beteiligung" abgespeist. Am Standort Gorleben gebe es erhebliche fachliche und juristische Zweifel, sagte sie weiter. "Scheitert er aus geologischen Gründen oder vor Gericht, steht Schwarz-Gelb mit leeren Händen da und hat Deutschland um viele Jahre zurückgeworfen."

Nach Ansicht von Jochen Stay von der bundesweiten Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt" spitzt Röttgen den Konflikt um Gorleben zu. "Er will mit dem Kopf durch die Wand", indem er nahtlos an die jahrzehntelange Geschichte von verfehltem Regierungshandeln anknüpfe. "Erst fallen Entscheidungen, dann wird weiter am Endlager gebaut, schließlich werden zweifelhafte Experten befragt und letztendlich manipulierte Ergebnisse veröffentlicht", sagte Stay. Das habe nichts mit Beteiligung von Öffentlichkeit zu tun. Die Anti-Atomkraft-Bewegung werde sich "wie gehabt auf unsere Weise mit massenhaften Protesten auf der Straße" an der Auseinandersetzung beteiligen.

(DDP/felt)
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