Streit um Israel-Gedicht Grass: Einreiseverbot erinnert an DDR-Methoden

München · Der Wirbel um den deutschen Literatur-Nobelpreisträger in Sachen Israel-Gedicht geht in die nächste Runde: Günter Grass hat das gegen ihn verhängte Einreiseverbot nach Israel als "Zwangsmaßnahme" bezeichnet, die an DDR-Methoden erinnere.

Günter Grass - Thesen und Fakten zum Israel-Gedicht
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Foto: dapd, JENS MEYER

Der Schriftsteller Günter Grass hat die seit einer Woche andauernde Debatte über seine Israel-Kritik mit einer neuen verbalen Spitze weiter angeheizt: Der Literatur-Nobelpreisträger bezeichnete das gegen ihn verhängte Einreiseverbot Israels als "Zwangsmaßnahme", die an DDR-Methoden erinnere. Bislang hatte sich Grass nicht zu dem Verbot äußern wollen.

Ihm sei zuvor zweimal die Einreise in ein Land verboten worden - in die DDR und Ende der 80er Jahre nach Birma, schreibt Grass in der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). "In beiden Fällen wurde die in Diktaturen übliche Praxis vollzogen. Jetzt ist es der Innenminister einer Demokratie, des Staates Israel, der mich mit einem Einreiseverbot bestraft und dessen Begründung für die von ihm verhängte Zwangsmaßnahme - dem Tonfall nach - an das Verdikt des Ministers Mielke erinnert", schreibt der Autor in dem Beitrag mit der Überschrift "Damals wie heute - meine Antwort auf jüngste Beschlüsse". Erich Mielke war in der DDR Chef der Staatssicherheit.

"Die DDR gibt es nicht mehr", so der 84-jährige Nobelpreisträger weiter. "Aber als Atommacht von unkontrolliertem Ausmaß begreift sich die israelische Regierung als eigenmächtig und ist bislang keiner Ermahnung zugänglich." Das Einreiseverbot werde seine Erinnerungen an frühere Aufenthalte in Israel nicht auslöschen können, meinte Grass in dem Beitrag. Er betonte: "Immer noch sehe ich mich dem Land Israel unkündbar verbunden."

Hintergrund des Einreiseverbotes für Grass ist sein israel-kritisches Gedicht "Was gesagt werden muss", das am Mittwoch vergangener Woche ebenfalls in der "Süddeutschen Zeitung" erschien. Der Literaturnobelpreisträger ("Die Blechtrommel") hatte darin geschrieben, die Atommacht Israel bedrohe den Weltfrieden und könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen. Der israelische Innenminister Eli Jischai verhängte daraufhin das Einreiseverbot.

Unterstützung erhielt Grass jetzt von seinem Schriftstellerkollegen Erich Loest. Der 86-Jährige schrieb in einem von der "Leipziger Volkszeitung" am Mittwoch veröffentlichten Brief: "Lieber Günter, wir sind uns einig: Ein nuklearer Angriff Israels wäre ein Kriegsverbrechen mit schrecklichen Folgen."

Hingegen sprach der Schriftsteller Josef Haslinger dem Literaturnobelpreisträger "die nötige moralische Autorität für dieses Thema" ab. Der Filmproduzent Artur Brauner wandte sich "an den Dichter des Grauens, der Verzerrung, der Provokation gegen Israel". Brauner schrieb in einer Anzeige in der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch), Grass bewirke nur, dass die Verbindung der Juden mit Israel noch stärker werde.

(dpa)
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