Heftiger Streit um Israel-Gedicht Grass sieht sich als Opfer einer Kampagne

Die heftige Diskussion um die Israel-Kritik des Nobelpreisträgers geht in die nächste Runde. Günter Grass wehrt sich gegen seine Kritiker. Grass wirft seinen Kritikern in mehreren Interviews eine Kampagne, Gleichschaltung und Klischees vor.

Günter Grass - Thesen und Fakten zum Israel-Gedicht
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Foto: dapd, JENS MEYER

Der Tenor durchgehend ist, sich bloß nicht auf den Inhalt des Gedichtes einlassen, sondern eine Kampagne gegen mich zu führen und zu behaupten, mein Ruf sei für alle Zeit geschädigt", sagte er in einem NDR-Interview am Donnerstag. "Widerrufen werde ich auf keinen Fall", sagte er dem TV-Magazin "Kulturzeit" (3sat).

Er habe mit seinem Gedicht "Was gesagt werden muss" dazu aufrufen wollen, dass sowohl Israel als auch Iran ihre Atomanlagen internationaler Kontrolle unterwerfen sollten, sagte Grass der Nachrichtenagentur dpa in seinem Wohnort Behlendorf bei Lübeck.

Sollte Israel - vermutlich mit konventionellen Bomben und Sprengköpfen - Irans Atomanlagen angreifen, könnte das zum Dritten Weltkrieg führen, warnte Grass. Der Schriftsteller verwies auf die explosive Lage im Nahen Osten, die sich bei einem Präventivschlag Israels zu einem Flächenbrand ausweiten könne.

Allerdings bezeichnete Grass es als Fehler, dass in seinem Gedicht von Israel und nicht konkret von Israels Regierung die Rede sei. Er hege große Sympathien für das Land und wünsche, dass es auch in Zukunft Bestand habe.

In seinem Gedicht hatte Grass geschrieben: "Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden." Gleichzeitig warf er sich darin vor, zu lange darüber geschwiegen zu haben. Der Text löste heftige Reaktionen aus. Kritiker sprachen von einem "Dokument der Rache" sowie Ausdruck eines "politisch korrekten Antisemitismus".

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagierte mit scharfen Worten auf das Gedicht von Grass. "Die schändliche Gleichstellung Israels mit dem Iran, einem Regime, das den Holocaust leugnet und damit droht, Israel zu vernichten, sagt wenig über Israel, aber viel über Herrn Grass aus", hieß es in einer Mitteilung seines Büros.

Das umstrittene Gedicht von Grass hat auch in den internationalen Medien ein großes Echo ausgelöst. Bei der meist scharfen Kritik fiel vor allem ins Gewicht, dass Grass mehr als sechs Jahrzehnte verschwiegen hatte, dass er als Junge in die Waffen-SS eingezogen wurde und erst 2006 in seinen Memoiren darüber sprach.

(dpa)
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