Griechenland Koalition gegen Schuldenschnitt für Athen

Berlin · Griechenland kann ohne neuen Schuldenerlass die Wende nicht schaffen, sagen EU-Experten. Doch in Berlin gibt es keine Bereitschaft zum Forderungsverzicht. Auch die Rückzahlung einer Weltkriegs-Zwangsanleihe lehnt Berlin ab.

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Finanzpolitiker von Union und SPD haben einen Schuldenerlass für Griechenland nach der dortigen Wahl am 25. Januar abgelehnt. "Jede Diskussion über einen Schuldenschnitt ist ausgesprochen kontraproduktiv, da Griechenland ja gerade das Vertrauen der internationalen Kapitalgeber zurückgewinnen möchte. Mit einem Schuldenschnitt gewinnt es dieses Vertrauen garantiert nicht zurück", sagte Norbert Barthle, Chefhaushälter der Unionsfraktion im Bundestag.

"Auch die neue griechische Regierung ist an Verträge gebunden. Ein Schuldenschnitt ist in den Verträgen nicht vorgesehen", erklärte auch der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding. Die Grünen fordern dagegen einen "konditionierten Schuldenschnitt".

Partei Syriza liegt in Umfragen vorn

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Aus der Wahl könnte die linkspopulistische Partei Syriza als Siegerin hervorgehen, die in allen Umfragen klar vorn liegt. Deren Chef Alexis Tsipras will als Regierungschef über einen Schuldenerlass verhandeln. Er hat zudem angekündigt, die mit der EU vereinbarten Spar- und Reformauflagen zu lockern, Sozialausgaben hochzufahren und mehr Beamte einzustellen.

Nach der Wahl dürfte Tsipras diese Pläne kaum umsetzen können. Doch ohnehin schon zeichnet sich keine Mehrheit im Bundestag für einen Schuldenerlass ab. Neue Forderungen aus Griechenland nach Rückzahlung einer deutschen Zwangsanleihe im Zweiten Weltkrieg dürften bei den Abgeordneten die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen nicht erhöhen.

In der EU ist jedoch eine Debatte über weitere Entlastungen für Griechenland entbrannt. Einige EU-Experten halten einen zweiten Schuldenschnitt für unabwendbar, da Griechenland mit einer Schuldenlast von weiterhin 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus eigener Kraft keine Wende schaffen werde.

80 Prozent der Schulden des griechischen Staates von rund 320 Milliarden Euro liegen in der Hand öffentlicher Gläubiger. In EU-Kreisen war am Wochenende die Rede von einem Schuldenschnitt in Höhe von einem Drittel bis zur Hälfte dieser Summe. Ein Schuldenerlass könnte allein die deutschen Steuerzahler 30 bis 40 Milliarden Euro kosten.

Grüne für Schuldenschnitt unter Auflagen

CDU-Politiker Barthle widersprach der Einschätzung, dass die Schuldenlast für Griechenland nicht mehr tragfähig sei. "Griechenlands Schuldendienst liegt bei vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist tragbar", sagte Barthle. SPD-Politiker Binding signalisierte Athen allerdings Gesprächsbereitschaft. "Wir müssen darüber nachdenken, ob wir die Rückzahlungsverpflichtungen Griechenlands nicht nochmals auf der Zeitachse strecken. Die neue Regierung wird sich erst mal sortieren müssen."

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Die Grünen treten dagegen für einen Schuldenschnitt unter Auflagen ein. "Eine erneute Laufzeitverlängerung oder eine Zinssenkung wären nur ein Schuldenschnitt durch die Hintertür", sagte Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler. Die Schuldenlast Athens sei nicht tragfähig. "Wir brauchen daher nach der Wahl in Griechenland Verhandlungen über einen konditionierten Schuldenschnitt."

Eine Diskussion über die Rückzahlung einer Zwangsanleihe des Nazi-Regimes lehnte die Bundesregierung am Montag kategorisch ab. Alle Ansprüche Griechenlands aus dem Weltkrieg seien abgegolten, sagte der Sprecher des Finanzministeriums. Er reagierte auf Berichte, nach denen in einem Expertengutachten für die griechische Regierung von elf Milliarden Euro die Rede ist, die Deutschland dem Land aus diesem Zwangskredit noch schulde.

Die Bundesregierung halte den Komplex Reparationen und Entschädigungen durch Verträge vom Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre sowie durch den sogenannten Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 zur deutschen Wiedervereinigung für abschließend geregelt, sagte der Ministeriumssprecher.

(mar)
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