Kommt ein modifiziertes Programm? Koalition streitet über Griechen-Hilfe

Berlin/Brüssel · Stundenlang haben die Euro-Finanzminister an einer Erklärung gefeilt, um den weiteren Weg für Griechenland abzustecken. Doch am Ende zog der Athener Minister Giannis Varoufakis seine Zustimmung zurück. In Berlin herrscht keine Einigkeit bezüglich eines möglicherweise modifizierten Hilfsprogrammes.

Yanis Varoufakis – Medienexperte und Ex-Finanzminister
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Griechenland und seine Euro-Partner haben sich nicht auf eine Erklärung zum gemeinsamen Kurs bei der finanziellen Rettung des Landes einigen können. Das sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem am frühen Donnerstagmorgen nach mehr als sechsstündigen Beratungen in Brüssel. Die Verhandlungen sollen am Montag nächster Woche fortgesetzt werden. "Wir brauchen etwas mehr Zeit", sagte der Niederländer. Es sei vor allem um Schritte für die "nächsten Tage" gegangen. Ursprünglich sollten Experten der EU-Institutionen schon von Donnerstag an in Athen mit der griechischen Regierung sprechen.

Athen steht mit dem Rücken zur Wand. Eine Verlängerung des modifizierten Hilfsprogramms müsste der Bundestag Ende Februar absegnen. In dieser Frage zeichnet sich die Zustimmung von SPD und Grünen ab, die der Union aber nicht. "Wir halten unsere Zusagen ein, aber für Zugeständnisse an Griechenland gibt es keinen Spielraum", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder unserer Redaktion. Griechenland könne nicht ständig eine Sonderbehandlung beanspruchen. Kauder betonte: "Die Griechen können sicher eine Politik machen, wie sie sie für richtig halten. Dann müssen sie aber die Finanzierung dafür selbst finden. Der deutsche Steuerzahler ist nicht dafür zuständig, die Wahlkampfversprechen von Herrn Tsipras zu begleichen."

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Aus der SPD-Fraktion war das Gegenteil zu hören: "Ich stehe einem verlängerten, modifizierten Hilfsprogramm für Griechenland aufgeschlossen gegenüber. Sie können davon ausgehen, dass meine Haltung auch die Mehrheitsmeinung in der SPD ist", sagte der Fraktionsvize Axel Schäfer. "Wenn innerhalb der EU nationale Regierungen die Farbe wechseln und mehr Sozialdemokraten regieren, dann muss man davon ausgehen, dass sich auch Politik ändert", betonte Schäfer.

Auch die Grünen zeigten sich aufgeschlossen. "Es ist richtig und sinnvoll, dass Griechenland mehr Zeit bekommt", sagte Grünen-Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler. Die Vize-Chefin der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, blieb vage. Sie sagte: "Die Linksfraktion wird keinem neuen Rettungspaket für Griechenland zustimmen, wenn mit den damit verbundenen Vereinbarungen das Kürzungsdiktat fortgesetzt wird." Damit droht der großen Koalition bereits in wenigen Wochen eine Zerreißprobe. Ohne eine eigene Mehrheit von Union und SPD für die Griechenland-Politik der Bundesregierung wäre die Regierungskoalition am Ende.

Die Euro-Partner haben Griechenland seit 2010 mit Hilfskrediten von bisher insgesamt 240 Milliarden Euro vor der Staatspleite gerettet. Nun geht Athen Ende Februar erneut das Geld aus. Die neue Führung hatte jüngst die Spar- und Reformauflagen der Geldgeber aufgekündigt. Sie will den Mindestlohn heraufsetzen, Weihnachtsgeld für arme Rentner auszahlen und Gratis-Strom für die Ärmsten einführen. Sie will aber auch die Steuerverwaltung verbessern und Korruption bekämpfen. Finanzminister Varoufakis hatte die Zusammenarbeit mit der Kontroll-Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds aufgekündigt.

(mar)
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