Bundestag Nervosität vor Griechenland-Abstimmung

Berlin · Am Freitag ab 11 Uhr hält Europa erneut den Atem an: Im deutschen Bundestag beginnt die Abstimmung über eine Verlängerung der Griechenland-Hilfen bis Ende Juni. Eine fraktionsübergreifende Mehrheit für das Programm gilt zwar als sicher, doch die Stimmung ist insbesondere bei vielen Unionsabgeordneten im Keller.

Die wichtigsten Versprechen im Sparplan der Griechen
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Foto: ap

Mehr als 100 der 300 Parlamentarier von CDU und CSU sind Neulinge im Bundestag. Sie haben die ersten Abstimmungen über Milliardenhilfen für Griechenland zwischen 2010 und 2012 nicht miterlebt. Die "Neuen" sind schwer berechenbar - und viele von ihnen haben kein Vertrauen in die griechische Regierung. Dass es in einigen Monaten noch einmal die Zustimmung für ein neues Hilfspaket geben wird, gilt als immer unwahrscheinlicher.

22 Nein-Sager bei Probeabstimmung der Union

Es ist wieder eine dieser Wochen, wie die Parlamentarier sie selten erleben. Mit Sondersitzungen, Probeabstimmungen, Papieren, die in aller Schnelle gelesen und bewertet werden müssen. Erst am Dienstag haben die Abgeordneten die Reformvorschläge der griechischen Regierung erhalten. 22 Abgeordnete stimmten in der Probeabstimmung bei der Union am Donnerstag noch mit Nein, fünf enthielten sich.

Auch der Westerwälder CDU-Abgeordnete Andreas Nick stimmte gegen die Verlängerung. Für die echte Abstimmung am Freitag im Bundestag hatte er sich am Vorabend noch nicht abschließend entschieden. Nick, ein Experte für Bank- und Finanzmanagement, ist zwar voll des Lobes für die "konsequente Verhandlungsführung" von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Bundesregierung hat für ihre Euro-Rettungspolitik der vergangenen Jahre seine "uneingeschränkte Zustimmung". Sein vorläufiges "Nein" ist deshalb mehr als Warnung Richtung Griechenland zu verstehen. Viele Parlamentarier tun sich sehr schwer mit ihrer Entscheidung, beobachtet Nick.

Griechen strapazieren Vertrauen

"Mich treibt vor allem die Frage um, ob man ausreichendes Vertrauen in die Verlässlichkeit der griechischen Regierung haben kann", erklärt der Abgeordnete. Wie ein Spaltpilz wirkt die Griechenland-Frage in seiner Fraktion noch nicht. Aber das Unbehagen der Kollegen wächst.

Dass nur einen Tag vor der Abstimmung im Bundestag der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis erneut mit einer Forderung nach einem Schuldenschnitt provoziert, lässt das Vertrauen noch weiter schwinden. Spitzenpolitiker reagierten fassungslos auf den neuen Vorstoß der Griechen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte, wenn die Griechen in den kommenden Monaten gegen Absprachen verstießen, seien diese hinfällig.

Zweifel an Verlässlichkeit wächst

Neben den bereits bekannten Nein-Sagern wie Wolfgang Bosbach, die die Rettungspakete grundsätzlich als Instrument ablehnen, haben neue Abgeordnete vor allem Zweifel an der Verlässlichkeit der Griechen. Es gilt als wahrscheinlich, dass Griechenland nach Auslaufen dieses nun zur Abstimmung stehenden Hilfsprogramms erneut Hilfen benötigen wird. Wieder könnten die Abgeordneten dann über Hilfskredite in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro abstimmen.

"Die Frage ist, ob man es vertreten kann, jetzt zuzustimmen, wenn man befürchten muss, dass langfristig Griechenland seine Schuldentragfähigkeit sowieso nicht wiederherstellen kann", äußert Nick seine Bedenken. Es sei am Ende "eine Frage des Vertrauens" in die Reformzusagen aus Griechenland.

Ein Nein hätte fatale Folgen

Der Druck auf die Abgeordneten ist erneut enorm. Stimmen sie gegen die Verlängerung, lassen sie Minister Schäuble mit seinem hart erkämpften Verhandlungsergebnis im Regen stehen und Griechenland an diesem Samstag pleite gehen. "Die Tragweite der Entscheidung ist schon groß", räumt Nick ein.

Sein Kollege aus Koblenz, Unionsfraktions-Vize Michael Fuchs, will Freitag zwar nicht ausscheren. "Ich stimme zu, weil ich das Paket ja grundsätzlich schon einmal abgesegnet habe, und es nun keine Veränderungen gibt", sagt Fuchs, hält es aber für unwahrscheinlich, dass ein weiteres Hilfsprogramm für Athen noch einmal die Mehrheit im Bundestag bekommen würde. "Das hier war das letzte Mal", meint er. Grüne und Linke wollen sich abschließend erst bei ihren Sondersitzungen vor der Abstimmung festlegen. Es deutet sich aber an, dass eine Mehrheit der Linken-Fraktion erstmals für Hilfen stimmt.

(rl)
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