Scheidender Außenminister Sigmar Gabriel fühlt sich von SPD-Spitze verraten

Düsseldorf · In einer neuen großen Koalition ist kein Platz mehr für Sigmar Gabriel. Martin Schulz will ihn als Außenminister ablösen. Gabriel reagiert enttäuscht - und macht der SPD-Spitze Vorwürfe.

 Martin Schulz und Sigmar Gabriel (Archivbild vom 1. Februar 2018).

Martin Schulz und Sigmar Gabriel (Archivbild vom 1. Februar 2018).

Foto: dpa, bvj tba

"Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht", sagte Sigmar Gabriel der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war."

Er kritisiere die Entscheidung der Partei-Spitze nicht, sagte Gabriel der Zeitung. "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt." Welches Versprechen er damit meint, sagte Gabriel nicht. Er nannte auch keinen Namen.

In der Politik werde mit harten Bandagen gekämpft, sagte der Außenminister. "Aber es sollte mit offenem Visier erfolgen." Die Zeitung zitierte Gabriel mit den Worten: "Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt. Das ist scheinbar aus der Mode gekommen."

"Du musst nicht traurig sein, Papa"

Schulz ist seit knapp einem Jahr Vorsitzender der SPD. Er will Anfang März zurücktreten und den Weg für Andrea Nahles frei machen, die das Amt zusätzlich zum Fraktionsvorsitz übernehmen soll. Gabriel war Anfang 2017 zum Außenminister ernannt worden. Er löste Frank-Walter Steinmeier ab, der zum Bundespräsidenten gewählt wurde.

Er könne der neuen Situation aber auch etwas Positives abgewinnen, fügte Gabriel hinzu: "Für mich beginnt jetzt eine neue Zeit. Zuhause freuen sich schon mal alle darauf." Er hat mit seiner zweiten Ehefrau Anke zwei Töchter, und eine der beiden habe ihn am Donnerstagmorgen getröstet: "Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht." Wen sie damit meinte, sagte Gabriel nicht. Aber Parteichef Schulz trägt einen Vollbart.

Gabriel stammt aus Goslar in Niedersachsen. Der Ministerpräsident des Bundeslandes, Stephan Weil (SPD), sprach sich am Donnerstag dafür aus, dass sich der scheidende Außenminister weiter politisch engagiere. Gabriel habe großartige Arbeit geleistet in der deutschen Politik, sagte Weil bei der Jahresauftaktklausurtagung der niedersächsischen Sozialdemokraten in Springe bei Hannover. "Ich bin sicher, wir werden weiter von ihm hören. Das ist nicht das Ende seiner politischen Arbeit und auch nicht seiner politischen Karriere." Gabriel ist Mitglied des Bundestages.

(wer)
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