Istanbuler Gymnasium Große Empörung über Verbot von Weihnachtsbräuchen

Düsseldorf · Das Verbot der Lehre von Weihnachtsbräuchen an einem von Berlin unterstützten Gymnasium in der Türkei sorgt bei deutschen Politikern für Empörung. Grünen-Chef Özdemir etwa sieht die religiöse und ethnische Vielfalt in Gefahr.

 Ein Blick auf den Pausenhof des Istanbuler Lisesi-Gymnasiums.

Ein Blick auf den Pausenhof des Istanbuler Lisesi-Gymnasiums.

Foto: dpa, fdt

CDU-Vize Julia Klöckner sagte der "Passauer Neuen Presse", dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kulturelle Einflüsse der Nachbarländer quasi per Ansage verbieten wolle, sei "Ausdruck von Unsouveränität, Bevormundung und Abschottung" und das Gegenteil von Freiheit und Aufklärung. "Das ist besorgniserregend. Wer freie Gedanken einebnen will, der ist aus Verblendung wohl auch zu weiterem fähig", sagte Klöckner.

"Das Verbot des Weihnachtsfests an der Deutschen Schule in Istanbul durch türkische Behörden ist ein Schlag gegen die Lehr- und Religionsfreiheit", sagte die Chefin der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. Den Lehrern und Schülern das Fest zu verweigern und es sogar noch nicht einmal im Unterricht behandeln zu können, sei nicht nachvollziehbar. "Wir merken immer mehr, dass die Türkei in eine Autokratie abrutscht", bilanzierte sie.

Grünen-Chef Cem Özdemir erinnerte daran, dass die Türkei schon immer Heimat griechischer, aramäischer und armenischer Christen gewesen sei - lange bevor die ersten Türken und Muslime anatolischen Boden betreten hätten. Offensichtlich habe sich Erdogan in den Kopf gesetzt, "auch die letzten Reste an religiöser und ethnischer Vielfalt gründlich auszumerzen, wenn er sich selbst von harmlosen Weihnachtsliedern in seiner Herrschaft bedroht fühlt".

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach verlangte eine scharfe Reaktion der Bundesregierung. Das Verbot sei ein weiterer Beleg dafür, dass Erdogan das Land auf einen "intoleranten, konservativ-islamischen Weg" wolle. Wenn es Bestand habe, sei die Grundlage für weitere deutsche Zahlungen in Millionenhöhe entfallen.

In einer E-Mail, die die Leitung der deutschen Abteilung der Schule an das Kollegium geschickt hatte, hatte es geheißen: "Es gilt nach Mitteilung der türkischen Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird."

(crwo/dpa/afp)
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