Gespräche am Mittwoch CSU setzt SPD klare Frist für Groko-Bildung

Berlin · Angela Merkel will zügig über die Regierungsbildung verhandeln. Eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen will die Kanzlerin abwenden. Und während in der SPD-Fraktion Martin Schulz und Sigmar Gabriel noch über die richtige Kommunikation streiten, erhöht die CSU den Druck.

 CSU-Spitze nach gescheiterten Jamaika-Verhandlungen: Andreas Scheuer, Horst Seehofer und Alexander Dobrindt.

CSU-Spitze nach gescheiterten Jamaika-Verhandlungen: Andreas Scheuer, Horst Seehofer und Alexander Dobrindt.

Foto: afp

Die Union will die Gespräche mit der SPD über eine erneute große Koalition viel straffer und schneller führen als die Sondierungen mit FDP und Grünen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag in Berlin, mit der SPD als gut bekanntem Regierungspartner könne die Union zur klassischen Form der Sondierungen zurückkehren und zügig zentrale Themen für die Koalitionsverhandlungen festlegen.

Dazu zählt Merkel Sicherheitspolitik, Digitalisierung, Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen und Europapolitik. Europäische Belange würden wohl schon morgen beim ersten Treffen der Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD angesprochen.

Merkel sagte, anders als bei den Jamaika-Gesprächen solle es diesmal "weniger Öffentlichkeitsarbeit" geben. Über soziale Netzwerke war es vor allem bei FDP und Grünen zu Verwerfungen und Missverständnissen gekommen. Merkel selbst will ihre Zurückhaltung während der Beratungen mit der SPD fortsetzen. Zugleich betonte sie, dass sie eine stabile Regierung bilden wolle.

Zeitplan mit klaren Fristen

Eine Minderheitsregierung sei "in jedem Fall keine stabile Regierung". In der Union plädiert etwa Finanzstaatssekretär Jens Spahn für eine unionsgeführte Minderheitsregierung. Einer solchen Option, die es auf Bundesebene noch nie gab, wird schon jetzt ein frühes Scheitern vorausgesagt. Eine Neuwahl will Merkel aber verhindern.

Die CSU nennt allerdings bereits einen Zeitplan mit klaren Fristen und kann sich auch eine Minderheitsregierung vorstellen. "Ende Januar sollten wir wissen, ob wir in Koalitionsverhandlungen eintreten", sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Sollte es von der SPD dann keine Bereitschaft geben, sei eine Minderheitsregierung für eine relativ kurze Zeitspanne denkbar, danach wären Neuwahlen noch vor der Sommerpause möglich.

Die CSU sei klar für eine große Koalition. Die SPD dürfe nach dem ersten großen Fehler, zunächst gar nicht darüber sprechen zu wollen, nun aber nicht den zweiten großen Fehler begehen und bei der Position bleiben, dass es für die Union teuer werde. "Die SPD muss verstehen: Die Mehrheit in einer großen Koalition wäre eine bürgerliche", sagte Dobrindt. Grundlage könne kein "Patchwork" aus Parteiprogrammen sein wie bei der jüngsten Koalition. Er warnte SPD-Chef Martin Schulz vor einem Festhalten an seiner Absicht, bis 2025 die Vereinigten Staaten von Europa schaffen zu wollen. Dieser "Europa-Rigorismus" verringere die Zustimmung der Menschen zu Europa.

"Jamaika hat das Land zwei Monate lang aufgehalten"

Auf den wachsenden Druck aus der Union reagierte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gelassen. "Jamaika hat das Land zwei Monate lang aufgehalten. Die SPD lässt sich nicht unter Druck setzen", sagte Klingbeil unserer Redaktion. "Nicht von Angela Merkel und auch nicht von der CSU."

Unterdessen kam es zu einem Scharmützel zwischen Schulz und seinem Amtsvorgänger Sigmar Gabriel in einer Fraktionssitzung, wie Teilnehmer berichteten. So habe Schulz "private Koalitionsverhandlungen" einzelner SPD-Politiker über die Medien kritisiert. Zuletzt hatte es mehrere öffentliche Forderungen etwa zur Bürgerversicherung oder außenpolitischen Themen gegeben. "Klare Ansage: Klappe halten", wurde Schulz zitiert. Er lese, dass zu viel "gesabbelt und zu wenig geführt" werde. Jetzt sei die Sammlungsbewegung vorbei, jetzt werde geführt, so Schulz. Gabriel soll sich angesprochen gefühlt und scharf reagiert haben.

So habe Gabriel angemahnt, man solle offen sagen, ob er mit den "privaten Koalitionsverhandlungen" gemeint gewesen sei. Gabriel weiter: Die Vorschläge aus der SPD aus den letzten Tagen seien auch nicht übermäßig schlimm gewesen. Da habe die Union "wenigstens was zu beißen gehabt", sagte Gabriel Teilnehmern zufolge. Seiner Ansicht nach müsse die SPD "raus aus der Kampfzone, rein in die Testphase mit der Union". Schulz reagierte nicht direkt darauf, gab aber zu bedenken, dass in einer neuen Koalition den Spielraum brauche, um gesellschaftliche Debatten im Bundestag abzubilden.

Einig waren sich Schulz und Gabriel aber darin, dass auch ein sogenanntes Kooperationsmodell eine "gute Lösung" wäre, wonach es lediglich in einzelnen Bereichen Kooperationen mit der Union geben könnte. Schulz mahnte an, dass es nach den Gesprächen mit den Unionsspitzen am Mittwoch keine öffentlichen Statements am Donnerstag geben solle. Freitag werde dann in den Gremien verabredet, ob sondiert werde, oder nicht. Schulz betonte den Angaben zufolge auch, dass es wenn überhaupt erst im Januar zu Sondierungsgesprächen mit der Union käme.

(jd, kd, may-)
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