Groko-Sondierungen Seehofer fordert Regierungsbildung bis "allerspätestens" Ostern

München/Berlin · Die gescheiterten Jamaika-Verhandlungen erhöhen den Zeitdruck auf SPD und Union. Noch vor dem offiziellen Start der schwarz-roten Sondierungen setzt CSU-Chef Seehofer allen Beteiligten eine Frist.

 Horst Seehofer (Archiv).

Horst Seehofer (Archiv).

Foto: dpa, shp kde hjb

Spätestens Anfang April muss aus Sicht von CSU-Chef Horst Seehofer die Bildung der neuen Bundesregierung zwischen Union und SPD beendet sein. "Ostern ist der allerspäteste Zeitpunkt, dann ist Anfang April. Sonst würde ich sagen, wir hätten unsere Hausaufgaben nicht gemacht als Berufspolitiker, wenn man in einer solchen Zeit keine Regierungsbildung zusammenbringt", sagte der 68-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in München. Nach den Erfahrungen seit der Bundestagswahl könne er die Skepsis der Bevölkerung bei der Frage verstehen.

"Darum haben wir uns ja darauf verständigt, sehr effizient und in knapper Zeit mit der SPD zu verhandeln. Es darf auch nicht dieses tägliche Schaulaufen geben, wie es bei Jamaika der Fall war, einschließlich der Balkonbilder", betonte Seehofer. Er sei sehr froh, dass die Spitzen von Union und SPD den Abschluss der Sondierungen bis zum 12. Januar vereinbart haben. Wenn alles glatt gehe, könnten dann Ende Januar die Koalitionsverhandlungen beginnen. "Dann haben wir bis Anfang April ausreichend Zeit, eine Regierung zu bilden. Alles andere wäre nicht Made in Germany."

"Wir knicken nicht ein"

Sollten die Sondierungen scheitern, ist eine Neuwahl für Seehofer die bessere Alternative zu einer Minderheitsregierung, da sonst die Opposition die Mehrheit habe. "Die Union hätte dann zwar alle Minister, es wäre aber ein Pyrrhus-Sieg, denn die Union wäre bald dort, wo die SPD heute ist", erklärte Seehofer. Das Profil der Union wäre bei der Suche nach Mehrheiten kaum erkennbar, "auch weil wir der Bevölkerung kaum erklären könnten, warum wir mit ständig wechselnden Partnern, der FDP, den Grünen und der SPD zusammenarbeiten".

Mit Blick auf die Debatte über das Streitthema Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus gab sich Seehofer konsequent. "Ich sage als Vorsitzender der CSU, wir knicken nicht ein. Wir haben eine klare Vereinbarung mit der CDU. Darin ist vorgesehen, dass der Familiennachzug für Menschen, die nur vorübergehend hier sind, weiter ausgesetzt bleibt. Diese Position ist unsere Verhandlungsgrundlage mit der SPD." Zwischenzeitlich hatte unter anderem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angedeutet, bei dem Punkt auch Ausnahmen für Härtefälle zuzulassen, sofern die Gesamtzahl der Zuwanderer unter 200.000 bliebe.

Seehofer warnte aber vor zu voreiligen Kompromissen, darüber spreche man am Verhandlungstisch und nicht in Interviews. "Deshalb bleibt unsere Forderung, dass der Familiennachzug für subsidiär (eingeschränkt) Schutzberechtigte über März 2018 hinaus ausgesetzt bleiben muss." Würde der Familiennachzug in vollem Umfang zugelassen, würde dies die Aufnahmefähigkeit des Landes massiv überfordern. "Da geht es um eine Gesamtzahl von einer Dreiviertelmillion Menschen - mehr als eine Viertelmillion subsidiär Schutzbedürftige und zusätzlich 500.000 andere mit Anspruch auf Familiennachzug."

"Einen hohen Preis für Berliner Flüchtlingspolitik bezahlt"

Die Union wolle die Familienzusammenführung von Menschen, die nur vorübergehend schutzberechtigt seien, in ihren Heimatländern und nicht in Deutschland. "Wir haben als CSU einen sehr hohen Preis bezahlt für die Berliner Flüchtlingspolitik. Ich habe kaum Spielraum, jetzt noch einmal einen Preis zu zahlen", sagte er.

Nach Seehofers Ansicht hat die SPD keinen strategischen Vorteil in den Verhandlungen, obwohl die Union bei den Jamaika-Sondierungen bereits mit einigen Kompromissen an ihre Schmerzgrenze gegangen ist. "Ich hoffe, dass (der SPD-Vorsitzende) Martin Schulz und (Fraktionschefin) Andrea Nahles die Kraft aufbringen zur Führung, damit der gemeinsame Wille zu einer Regierungsbildung, die hoch notwendig ist für das Land, auch zum Tragen kommt." Dazu gehöre ein Grundvertrauen, dass auch der Partner dafür werbe. "Und ich glaube, dieses Grundvertrauen ist jedenfalls bei den sechs Spitzen, den Partei- und Fraktionsvorsitzenden, da. Martin Schulz und Andrea Nahles haben uns mehrfach versichert, dass sie eine Regierungsbildung wollen und dass wir das gemeinsam anstreben."

Der CSU-Chef und noch amtierende bayerische Ministerpräsident ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass die CSU für die Umsetzung ihrer Wahlversprechen kämpfen wird. "Wir können nicht unsere politische Glaubwürdigkeit an der Garderobe abgeben. Das wird mit der CSU nicht erfolgen. Das gehört auch zum gegenseitigen Grundvertrauen: dass man dem anderen einen solchen Preis auch nicht abverlangt."

(wer)
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