Rot-grüne Mehrheit für Eichels Projekt Großzügigste Steueramnestie in der Geschichte der BRD

Berlin (rpo). Der Bundestag hat die großzügigste Amnestie für Steuersünder in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Für die "Brücke zur Steuerehrlichkeit" stimmten am Freitag SPD und Grüne, die Opposition votierte geschlossen dagegen.

Tritt das Gesetz in Kraft, können reuige Bürger vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2005 sollen straffrei Schwarzgeld offen legen und es zu einem Satz versteuern, der unter dem normalerweise geltenden Tarif liegt.

Der von CDU und CSU dominierte Bundesrat muss zustimmen. Dies gilt als unwahrscheinlich, da die Union die Regelung für zu großzügig hält. Finanzminister Hans Eichel rechnet durch die Amnestie mit zusätzlichen Einnahmen von fünf Milliarden Euro. Wer sich 2004 zur Offenlegung illegaler Gelder entschließt, zahlt 25 Prozent Steuern. Vom 1. Januar bis 31. März 2005 muss er 35 Prozent abführen. Zwei Milliarden Euro aus dem erhofften Einkünften hat Eichel bereits im Bundeshaushalt 2004 verplant.

Die Amnestie gilt für Schwarzgelder, die zwischen 1993 und 2001 ins Ausland oder auf anderem Weg illegal zur Seite geschafft wurden. Entgegen erster Pläne Eichels soll nicht der gesamte Betrag, sondern höchstens 60 Prozent der offen gelegten Summe nachträglich versteuert werden. Dazu muss der reuige Bürger eine "strafbefreiende Erklärung" abgeben. Dafür bleibt ihm ein Konflikt mit der Justiz erspart. Die Strafbefreiung gilt für alle Tatbeteiligten, also auch Komplizen oder Tippgeber. Nachermittlungen wegen anderer Delikte sind ausgeschlossen.

Das Finanzministerium rechnet mit Verfassungsklagen gegen das Projekt, räumt diesen aber keine Chancen ein. Die Amnestie gehört zu Eichels Strategie, Deutschland für Anleger attraktiver zu machen. Ein Ziel ist, dass Geld gar nicht erst ins Ausland gebracht wird.

Nach Erreichen des Rechtsfriedens soll der Kampf gegen Steuerhinterziehung verschärft werden. Die Finanzbeamten erhalten nach dem Auslaufen der Amnestie Kontrollmöglichkeiten, um neue Kapitalflucht zu unterbinden. Dazu gehört ein Auskunftsrecht, wer bei welcher Bank ein Konto oder Depot hat. Kontobewegungen und -stand dürfen nicht "ins Blaue hinein" abgefragt werden, sondern nur bei Verdacht.

Das Finanzministerium erwartet, dass "nur einige Schlafmützen" erst 2005 das Angebot nutzen und die fünf Milliarden Euro schon 2004 hereinkommen. Davon entfallen jeweils 2,1 Milliarden Euro auf Bund und Länder, der Rest geht an die Kommunen. "Es gibt in der Bevölkerung offenbar hohen Druck, sich steuerehrlich zu machen, so dass wir glauben, mit unseren Annahmen auf der sicheren Seite zu sein", heißt es im Finanzministerium.

Geld soll nach Deutschland zurückgeholt werden

Jene, die bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer betrogen haben, müssen die Strafsteuer nur auf 60 Prozent des eigentlich zu versteuernden Betrages bezahlen. Bei der Gewerbesteuer sind es zehn, bei der Erbschaftsteuer 20 und bei der Mehrwertsteuer 30 Prozent. Die Amnestie gilt nicht für laufende Verfahren und Straftaten, die mit mindestens drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Dazu zählt Geldwäsche.

Die Union kritisierte, wer Steuern hinterzogen habe, gehe nicht nur straffrei aus, sondern werde gegenüber dem ehrlichen Bürger auch noch finanziell erheblich besser gestellt. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich Schwerstkriminelle "der staatlichen Geldwäsche" bedienten.

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