Dissertations-Affäre Guttenberg hat fremde Initialen entfernt

Düsseldorf (RPO). Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kommt nicht zur Ruhe: Offensichtlich hat der Minister nicht nur abgeschrieben, sondern auch seine Spuren verwischt.

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Foto: dapd

Der Druck auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wächst. Nach Informationen des ARD-Morgenmagazins drängen inzwischen selbst Parteifreude den Minister zu einer öffentlichen Entschuldigung — doch er schweigt bislang. Eine Wahlkampfveranstaltung in Sachsen-Anhalt sagte er am Donnerstagabend kurzfristig ab. Die knappe Erklärung: Der Minister sei in Berlin unabkömmlich.

Unterdessen werden immer weitere Textstellen bekannt, die der Minister bei seiner Dissertation wortwörtlich übernommen hat, ohne eine Quelle anzugeben: Zeitungsartikel, wissenschaftliche Arbeitspapiere, Parteifreunde und konservative Professoren — dank Internet, Google und Plagiats-Software finden Internetnutzer immer mehr Textstellen, die der Minister ohne Angabe von Quellen übernommen hat. Ein Wiki listet die bisher gefundenen Textstellen auf.

Ein nicht gekennzeichnetes Zitat, das unserer Redaktion zugespielt wurde, ist dabei besonders interessant: Zu Guttenberg übernimmt — wie an vielen anderen Stellen auch — großzügig weite Passagen des Arbeitspapiers "Europa zwischen rechtlich-konstitutioneller Konkordanz und politisch-kultureller Vielfalt". Der Text von Stefan Schieren, Professor an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, erschien 2002 in dem Buch "Verfassungspolitik in der Europäischen Union" und ist im Internet veröffentlicht.

Arbeitspapier und Autor werden an keiner Stelle in der Dissertation erwähnt. Zu Guttenberg hat den Text an einer entscheidenden Stelle geändert. Bei einem in Klammern gesetzten Hinweis wurden die Initialen des Originalautors entfernt. Aus "(i. e. Art. 100a EGV, St.S.)" ist in der Guttenberg-Version "[i. e. Art. 100a EGV]" geworden. Das weist auf Vorsatz hin.

Wiefelspütz fordert Rücktritt, Schavan nimmt in Schutz

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz legte dem Minister im Fall der Aberkennung des Doktortitels den Rücktritt nahe. "Wenn ihm der Doktortitel abgenommen würde, dann müsste er auch dieses Amt verlassen", sagte der promovierte Jurist dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Mit diesem Makel kann man nicht mehr Minister sein. Das würde auch für jeden anderen gelten."

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) warnte vor einem vorschnellen Urteil. "Ich finde, auch Minister haben den Anspruch, nicht vorverurteilt zu werden", sagte Schavan im Gespräch mit unserer Redaktion und forderte die Öffentlichkeit zur Geduld bei der Überprüfung der Vorwürfe auf. Auch die Kanzlerin gab dem Minister Rückendeckung. Nach Informationen der Nachrichenagentur dapd sagte sie zu Guttenberg ihre Unterstützung zu, sollte sich dieser öffentlich erklären.

Eine strenge, aber faire Prüfung der Vorwürfe will die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, erreichen. "Mit Vorverurteilungen ist uns nicht geholfen. Man muss sich den Fall im Detail anschauen", sagte Wintermantel der "Passauer Neuen Presse". Nach ihren Worten ist es mitunter eine große Herausforderung, "Schlampigkeit und Täuschungsabsicht auseinander zu halten".

Guttenberg wird vorgeworfen, in seiner Dissertation zahlreiche Passagen wortwörtlich von anderen Autoren übernommen zu haben, ohne dies wie vorgeschrieben zu kennzeichnen. Der Minister hatte den Vorwurf der bewussten Täuschung als abstrus zurückgewiesen. Guttenberg war am Donnerstag zu Kanzlerin Angela Merkel zitiert worden. Eine öffentliche Erklärung des Ministers wird für den heutigen Freitag erwartet.

Mit Material von dapd

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