Weiter Kritik an EKD-Ratsvorsitzenden Guttenberg lädt Käßmann zu Afghanistan-Gespräch

Frankfurt/Main (RPO). Nach ihren Äußerungen zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan steht die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Margot Käßmann weiter in der Kritik. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lud Käßmann zu einem Gespräch ein. Käßmann signalisierte, dass sie dazu bereit sei.

Margot Käßmann: Frau voller Widersprüche
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht die Afghanistan-Politik offenbar zur Chefsache. Wie unsere Redaktion aus Regierungskreisen erfuhr, soll unter ihrer Führung ein eigener Kabinettsausschuss, bestehend aus den Fachministern, die gemeinsame Linie für die Afghanistan-Konferenz in drei Wochen in London ausarbeiten.

Zu den Mitgliedern des Ausschusses, der zum ersten Mal im Kanzleramt zusammenkam, gehören Außenminister Guido Westerwelle, Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (beide FDP), Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU).

Politiker von Union und FDP, aber auch Soldatenvertreter warfen der Bischöfin vor, sie habe es sich mit ihrer Fundamentalkritik zu einfach gemacht und forderten sie auf, sich in Afghanistan selbst ein Bild von der Lage zu machen.

Der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, warf Käßmann vor, sie habe den Zeitpunkt ihrer Äußerungen "offenbar gut abgepasst, damit sie die Wirkung nicht verfehlen". Das Thema sei aber viel zu ernst, um es zu missbrauchen. "Niemand sollte den außenpolitischen Konsens in Deutschland auf dem innenpolitischen Altar opfern, nur um ein wenig Beifall zu erhalten", kritisierte der CDU-Politiker.

FDP: Soldaten nicht im Regen stehen lassen

Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP, Elke Hoff, erklärte, die Gesellschaft dürfe die Soldaten nicht im Regen stehen lassen. Selbstverständlich könne sich Käßmann äußern. "Aber ich fände es gut, wenn sie sich auch einmal die Situation vor Ort anschauen würde, bevor sie ein so dezidiertes Urteil fällt. Mit diesen Äußerungen in guter alter Friedenstradition vom Grünen Tisch aus ist sie etwas zu kurz gesprungen", kritisierte die liberale Sicherheitsexpertin.

Der Landesvorsitzende des Reservistenverbandes in Niedersachsen, Manfred Schreiber, warf Käßmann vor, am Altar "populistisch daherzureden, ohne sich vorher bei den Soldaten über den schwierigen Einsatz am Hindukusch informiert zu haben". Er könne nicht akzeptieren, dass die Bischöfin "den Soldaten ständig aus dem Wege geht".

Käßmann hatte sich zuletzt mehrfach kritisch zum Afghanistan-Einsatz geäußert. "Es kann nur darum gehen, zu fragen, wie wir einen geordneten Rückzug antreten und wie eine zivile Lösungsstrategie gefunden werden kann", hatte sie unter anderem gesagt.

"Autorität macht Kirche nicht Fachmann in Alltagsfragen"

Verteidigungsminister zu Guttenberg sagte, er habe Käßmann zu einem Gespräch eingeladen. "Ich will zunächst einmal selbst von der Bischöfin im Zusammenhang hören, wie sie zu dieser Einschätzung gekommen ist", sagte der CSU-Minister und fügte hinzu: "Entscheidend ist, dass unsere Soldaten den breiten Rückhalt in der Bevölkerung spüren." Käßmann ist mit einem vertraulichen Gespräch einverstanden, wie EKD-Sprecher Reinhard Mawick sagte.

Ruprecht Polenz, CDU-Politiker und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, begrüßte, dass Käßmann mittlerweile klargestellt habe, dass es ihr nicht um einen sofortigen Abzug, sondern um einen erkennbaren Plan für den Abzug gehe.

Diese Position entspreche wesentlich mehr dem, was auch die Mehrheit des Deutschen Bundestages für richtig halte. Es sei grundsätzlich eine Gratwanderung, wenn sich die Kirche mit ihrer moralischen Autorität in die Tagespolitik begebe - "weil die Autorität der Kirche sie ja nicht zum Fachmann in allen möglichen Alltagsfragen macht".

Allerdings gab es auch Zuspruch für die EKD-Ratsvorsitzende. "Bischöfin Käßmann vertritt mit ihrer Ablehnung des Kriegseinsatzes die Mehrheitsmeinung der deutschen Bevölkerung", sagte etwa Inge Höger, abrüstungspolitische Expertin der Linken im Bundestag. Es sei gut, "dass die Kirchen nach Jahren des Schweigens und der Zustimmung nun endlich Stellung beziehen und auch von der Kanzel aus Wort ergriffen wird gegen diesen unmenschlichen und völkerrechtswidrigen Krieg".

(AP/felt)
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