Kommentar Guttenbergs verpasste Chance

Düsseldorf · Die Vorstellung Karl-Theodor zu Guttenbergs, mit dem Interviewbuch einen Schritt der politischen Rehabilitation zu gehen, ist, um ein früheres Wort Guttenbergs im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre zu nutzen, abstrus. Die Wiedergutmachung ist gründlich misslungen.

Guttenberg mit neuem Look
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Das Interview ist kein Zeugnis ehrlicher Reue, kein Dokument des Nachdenkens und Sich-Hinterfragens. Es ist eine Rechtfertigungsrede nach dem Motto: "Klar war das doof von mir, aber es war keine Absicht und andere sind auch doof." Die Selbsttäuschung des Freiherrn aus dem Frankenland geht so weit, dass er Autoren, deren Passagen er geklaut hat, vorwirft, selbst nicht sauber gearbeitet zu haben.

Es ist wie so oft bei Politikern, die von ganz oben ganz tief fallen. Sie erkennen ihren eigenen Anteil an dem Abstieg nicht. Wer die erste Seite seiner eigenen Dissertation aus der Zeitung abschreibt und anschließend noch weitere 10.000 Zeilen aus 135 unterschiedlichen Quellen kopiert, sollte mit Kritik an der universitären Prüfungskommission oder an den Kritikern seiner Plagiatearbeit sparsam umgehen.

Wie schwer muss diesem Mann Demut fallen? Warum taucht Guttenberg nicht einfach zwei Jahre ab, verfasst eine neue, seriöse Doktorarbeit und kehrt mit neuem Anspruch zurück? Wer hätte ihm dann die Tür vor der Nase zuschlagen können? Maß und Moral hatte Guttenberg stets der Politik empfohlen. Er selbst will diesen Maßstab aber offenbar nicht anlegen.

Vorwürfe gegen die Ex-Kollegen aus dem Kabinett, juristische Scharmützel gegen die eigene Uni, Selbstbeweihräucherung gepaart mit künstlich wirkender Selbstgeißelung. Selbst hartnäckige Guttenberg-Unterstützer schütteln nur noch den Kopf, wenn sie in diesen Tagen auf die Comeback-Tour ihres einstigen Idols angesprochen werden. Selbst der Interviewer, "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, soll die Aussagen Guttenbergs als wenig hilfreich für seine Rückkehr ins politische Geschäft erachten.

Hinzu kommt: Karl-Theodor zu Guttenbergs Inszenierung als Anti-Establishment-Mann und seine Koketterie mit einer neuen Partei trägt darüber hinaus sarrazinsche Züge und ist nur schwer erträglich. Dem politischen Berlin ist zu wünschen, dass bald wieder ein junger, eleganter und aufrichtiger Typ auf der Bühne erscheint, der die Menschen fasziniert, Neugierde auf Politik weckt und Klartext redet, wo Politiker Phrasen dreschen. Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht dieser Mann.

(felt)
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