Hacker-Angriff auf Bundesregierung "Der Geheimnisverrat ist beträchtlich"

Berlin · Das Eindringen von Hackern in Rechnernetze der Bundesregierung zieht weite Kreise. Berlin spricht von beträchtlichem Geheimnisverrat. Ob Russland hinter der Attacke steckt, ist unklar. Für Verwirrung sorgt die Informationspolitik seitens der Regierung.

 Ob die Angriffe tatsächlich aus Russland gestartet wurden, steht noch nicht mit Sicherheit fest. (Symbolbild)

Ob die Angriffe tatsächlich aus Russland gestartet wurden, steht noch nicht mit Sicherheit fest. (Symbolbild)

Foto: dpa

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Hacker-Attacke auf die Bundesregierung als einen "technisch anspruchsvollen und von langer Hand geplanten Angriff auf die Kommunikationsnetze" bezeichnet. Er sprach von einem ernst zu nehmenden Vorgang. Darüber hinaus lieferte die Bundesregierung nur spärliche Informationen über Angreifer, Ziele und mögliche Konsequenzen.

"Besonders verwerflich"

Dass Informationen über den Angriff überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt waren, löste Ärger aus. Es handele sich "um einen besonders verwerflichen Geheimnisverrat", sagte CSU-Innenexperte Stephan Mayer unserer Redaktion. Dieser habe dazu geführt, dass der Sachverhalt öffentlich geworden sei. Mayer forderte eine strafrechtliche Verfolgung.

Am Mittwochabend war bekannt geworden, dass ausländische Hacker in die Netze der Bundesregierung eingedrungen waren. Konkret handelt es sich um den Informationsverbund Berlin-Bonn (IVBB), in dem Daten zwischen den beiden Regierungssitzen ausgetauscht werden. Minister de Maizière versicherte dennoch: "Auch der aktuelle Vorgang ändert nichts an dem klaren Befund: Deutschland ist hier gut aufgestellt und hat mit dem IVBB eines der sichersten Regierungsnetze der Welt."

"Das könnte sich noch auswachsen"

Alarmiert zeigten sich die Abgeordneten, die im Parlamentarischen Kontrollgremium informiert wurden. "Der Geheimnisverrat an sich ist ein beträchtlicher", sagte der CDU-Politiker Armin Schuster anschließend. Nach seiner Aussage ist der Angriff auch noch nicht beendet. "Ich befürchte, das wird sich noch auswachsen in den nächsten Tagen", sagte Linken-Innenexperte André Hahn. Den Sicherheitsbehörden warf Hahn eine Verharmlosungsstrategie vor. "Es ist auffällig, dass sich die Angriffe gegen Staatsorgane häufen und mit jedem Angriff eine noch höhere Dimension erreicht wird", sagte Stephan Thomae (FDP), der ebenfalls Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium ist.

Ob der Angriff tatsächlich von Russland ausging, blieb zunächst offen. Die Bundesregierung äußerte sich öffentlich auch nicht dazu, in welchem Umfang Daten aus welchen Ministerien abgeflossen sind. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, die Bedrohung sei seit Mitte Dezember 2017 bekannt. "Im akuten Fall sind nach bisheriger intensiver Untersuchung durch die zuständigen Sicherheitsbehörden weder die Bundeswehr noch deren Systeme betroffen", hieß es.

Presseunterrichtung wieder abgesagt

Viele Bundestagsabgeordnete sind empört, dass sie als Erstes aus den Medien vom Hacker-Angriff erfahren haben. Es sei inakzeptabel, dass die zuständigen Kontrollgremien von der Regierung nicht informiert worden seien.

Um die Informationspolitik gab es viel Verwirrung. Eine zunächst angekündigte Presseunterrichtung des für den Schutz der Bundesbehörden zuständigen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik wurde wieder abgesagt. Am Ende äußerte sich nur das Innenministerium.

Die Abgeordneten des Digitalausschusses im Bundestag wollten eigentlich zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um Hintergründe der Hacker-Attacke zu erörtern. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble genehmigte die Sitzung jedoch nicht.

Der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin ärgerte sich darüber: "Schäuble hat noch nicht in seine Rolle als Bundestagspräsident gefunden", sagte er. "Er muss die Rechte des Parlaments stärken, nicht die der Bundesregierung."

(RP)
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