Früherer SPD-Chef spricht über Parkinson-Erkrankung Hans-Jochen Vogel: "Das Zittern habe ich noch unter Kontrolle"

Düsseldorf · Seit acht Jahren lebt er im Seniorenstift Augustinum in München, seit zwei Jahren lebt er mit der Diagnose Parkinson: der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel. In einem Interview spricht er nun über seine Erkrankung – und über den Tod.

 Der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel im Mai dieses Jahres. Vor zwei Jahren wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert.

Der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel im Mai dieses Jahres. Vor zwei Jahren wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert.

Foto: dpa, geb lre vfd

Seit acht Jahren lebt er im Seniorenstift Augustinum in München, seit zwei Jahren lebt er mit der Diagnose Parkinson: der frühere SPD-Chef Hans-Jochen Vogel. In einem Interview spricht er nun über seine Erkrankung — und über den Tod.

Von 1987 bis 1991 war Hans-Jochen Vogel Bundesvorsitzender der SPD. Pflichtbewusstsein und Pünktlichkeit sind Eigenschaften, die ihm zugeschrieben werden. Auch heute noch lässt den inzwischen 88-Jährigen die Politik nicht los — "weil mich Politik nach wie vor interessiert", wie er jetzt im Interview mit dem "Stern" sagte. "Ich fühle mich als Teil unserer Gemeinschaft, und solange mein Kopf mitspielt — wer weiß, wie lange das noch so ist — beschäftige ich mich auch mit den Dingen, die um mich passieren. Notfalls mische ich mich auch noch ein."

Im Gespräch mit dem Magazin geht es allerdings weniger um Politik als vielmehr um die Krankheit, die vor zwei Jahren bei Vogel diagnostiziert wurde: Parkinson. "Park in der Sonne" sage er lieber, so Vogel in dem Interview. Er habe es nie an die große Glocke gehängt, aber "inzwischen spielt auch der Gedanke eine Rolle, dass ich anderen Menschen, die an Parkinson leiden, Mut machen könnte, indem ich ihnen zeige, dass man auch in diesem Zustand noch geraume Zeit ein selbstbestimmtes Leben führen kann".

"Mein früheres Namensgedächtnis leidet"

Symptome der Krankheit, das sagt der SPD-Politiker in dem Interview ebenfalls, zeigten sich auch bei ihm. "Das Zittern habe ich noch unter Kontrolle, aber es wird wohl unvermeidlich stärker werden." Er fühle permanent eine leichte Benommenheit, und beim Gehen falle es ihm schwer, die Richtung zu halten. "Ich stolpere auch häufiger. Mein früheres Namensgedächtnis leidet. (...) Und meine Schrift wird kleiner und unvollständiger."

Auf die Frage, ob er sich davor fürchte, mit der Krankheit die Kontrolle über sein Leben zu verlieren, sagt Vogel, dass er eher geneigt sei, sich damit zu beschäftigen, "was ich alles noch machen und bewältigen kann. Alles andere lasse ich auf mich zukommen." Auch Angst vor dem Tod habe er nicht — aber "Angst vor einem schmerzhaften Sterbeprozess". Und er sagt auch: "Der Tod rückt näher."

"Es ist nicht so, dass ich ständig über den Tod nachdenken würde. Ab und zu. Ich habe gelernt, dass der Tod ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens ist." Auch wundere er sich manchmal, dass es vielen schwerfalle, über den Tod zu sprechen — "vielleicht bin ich in dieser Beziehung einfach zu nüchtern". Zudem sagt Vogel, dass er ein erfülltes Leben hinter sich habe, bis zum heutigen Tage sei er zufrieden. "In der Bibel steht: 'Er starb 'lebenssatt'.' Ein wunderbares Wort. Vom Leben gesättigt. So empfinde ich es auch."

Angst, dass seine Frau vor ihm stirbt

Dass sich der Hollywood-Schauspieler Robin Williams, der Parkinson im Frühstadium hatte, das Leben nahm, respektiere er, so der SPD-Politiker. Er selbst aber habe nicht an Selbstmord gedacht. "Mir macht Sorge, dass Selbstmord aus Verzweiflung oder wegen Schmerzen scheinbar nicht mehr als radikale Entscheidung eines Einzelnen gesehen wird, sonderen als Möglichkeit, ein Problem zu lösen. Davor kann ich nur warnen."

Angst habe er aber doch in einer Hinsicht: Dass seine Frau, mit der er seit acht Jahren in dem Seniorenstift lebt, vor ihm sterben könnte. "Mir würde ein Stück meines Lebens fehlen", sagt er und fügt noch hinzu: "Mein Gott, wir sind 42 Jahre verheiratet."

(das)
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