CSU-Politiker Uhl "Rollenaufteilung zwischen Polizei und Militär hinterfragen"

Düsseldorf/Paris · Ein 39 Jahre alter Algerier soll in der vergangenen Woche Mitbewohnern einer Flüchtlingsunterkunft in Arnsberg die Anschläge in Paris angekündigt haben.

 CSU-Politiker Hans-Peter Uhl.

CSU-Politiker Hans-Peter Uhl.

Foto: dpa, Frank Leonhardt

"Er hat sich offenbar gegenüber Mitbewohnern zu den bevorstehenden Attacken in Frankreich geäußert", sagte ein Sprecher der ermittelnden Staatsanwaltschaft. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft. Die Generalbundesanwaltschaft wurde informiert. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: "Wir ermitteln wegen Mitwisserschaft oder Mittäterschaft."

Nach Informationen unserer Redaktion wurden nach der Festnahme die Leitungen der Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen angewiesen, verdächtige Gespräche und Personen sofort den Sicherheitsbehörden zu melden. Jäger bezeichnete die Gefahrenlage als ernst: "Die radikale salafistische Szene in NRW ist nach den Terroranschlägen in Paris in Bewegung. Dort werden die Attacken bejubelt. konkrete Hinweise auf Anschläge gibt es aber nicht."

Inzwischen ist ein zweites deutsches Todesopfer identifiziert worden. "Wir müssen leider bestätigen, dass ein weiterer deutscher Staatsangehöriger unter den Todesopfern ist", teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Bislang war nur bekannt gewesen, dass ein 28-jähriger Architekt aus Oberbayern getötet wurde. Der zweite Tote soll Kunstkritiker und Lehrer einer Pariser Privatschule gewesen sein, der 1964 in Hannover geboren wurde.

In Belgien kam es gestern zu groß angelegten Razzien schwer bewaffneter Spezialkräfte, bei denen mindestens ein Mensch festgenommen wurde. Drahtzieher der Terrorattacken von Paris mit fast 130 Todesopfern könnte der polizeibekannte belgische Dschihadist Abdelhamid Abaaoud sein.

Die IS-Miliz bereitet nach den Worten des französischen Premierministers Manuel Valls weitere Anschläge vor. Er könne Attentate in den kommenden Tagen oder Wochen nicht ausschließen. Die Attentate in Paris seien von Syrien aus organisiert und geplant worden. In einer neuen, zunächst nicht verifizierbaren Videobotschaft drohte der IS Frankreich und dessen Verbündeten mit weiteren Angriffen. In Frankreich gab es landesweit 168 Hausdurchsuchungen. Dabei wurden 23 Menschen festgenommen und 31 Waffen gesichert. In Lyon fand die Polizei einen Raketenwerfer. Auch der US-Geheimdienst CIA warnte vor weiteren Anschlägen.

Die CSU erhöht in der Flüchtlingskrise den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU). In einem Leitantrag für ihren Parteitag an diesem Wochenende verlangt die CSU eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen im nächsten Jahr. Ein entsprechendes Papier beschloss der Parteivorstand einstimmig. Deutschland müsse ein Signal aussenden, dass die "Kapazitätsgrenzen bereits erreicht" seien. "Deshalb soll Deutschland für nächstes Jahr ein Kontingent für Bürgerkriegsflüchtlinge entsprechend seiner leistbaren Kapazitäten festlegen." Die CSU nennt aber keine Zahl, wie viele Flüchtlinge Deutschland 2016 aufnehmen könnte. Merkel, die als Gast zum CSU-Parteitag erwartet wird, lehnt bislang eine einseitig von Deutschland erklärte Obergrenze ab. Stattdessen will die Kanzlerin eine europäische Kontingentierung der Flüchtlinge erreichen.

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Foto: dpa, bjw

Nachdem Frankreichs Präsident Hollande ausdrücklich vom "Krieg" gegen den Islamischen Staat gesprochen und Militär auf den Straßen von Paris postiert hat, stellt sich auch für Deutschland die Frage nach einem Bundeswehr-Einsatz im Innern neu. Die CSU will die Streitkräfte in ein Sicherheitskonzept einbinden. "Die Anschläge in Paris haben gezeigt, dass die klassische Rollenaufteilung zwischen Polizei und Militär hinterfragt werden muss", sagte der CSU-Rechtsexperte Hans-Peter Uhl unserer Redaktion.

Die deutschen Islamverbände verurteilten die Taten scharf. "Die Mörder irren, wenn sie glauben, sie seien Vollstrecker göttlichen Willens", sagte Zekeriya Altug vom Koordinationsrat der Muslime. Die Verbände wollen sich stärker gegen eine Radikalisierung junger Muslime einsetzen. "Unsere Verantwortung endet nicht an der Moscheetür", sagte Bekir Altas vom Islamrat.

Unter dem Eindruck der Terroranschläge vereinbarten die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) im türkischen Belek ein Paket mit konkreten Maßnahmen. Dem internationalen Terrorismus soll der Geldhahn zugedreht werden. Um den Strom von Extremisten einzudämmen, die nach Ausbildung und Kampf in Bürgerkriegsländern in ihre Heimat zurückkehren, werden die Grenzen besser kontrolliert. Die Sicherheit im Flugverkehr wird verstärkt.

(RP)
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